GIGA Focus Africa
Number 4 | 2011 | ISSN: 1862-3603
Nach massiven öffentlichen Protesten mit der Forderung "Rühr meine Verfassung nicht an!" hat der senegalesische Staatspräsident Abdoulaye Wade am 23. Juni 2011 ein Gesetz zur Änderung der Verfassung zurückgezogen, das die Wahl von Präsidentschaftskandidaten schon im ersten Wahlgang erleichtern sollte. Die politischen Spannungen im Senegal halten an.
Analyse In zahlreichen afrikanischen Staaten wurden in den vergangenen Jahren unter dem Druck oppositioneller Kräfte, der westlichen Gebergemeinschaft oder aus Eigeninteresse von Regierungen Verfassungsreformen auf den Weg gebracht. Die damit verbundenen Hoffnungen auf eine fortschreitende Demokratisierung wurden jedoch zumeist enttäuscht. Viele Regierungen nutzten die Reformprozesse schlicht zur Machtsicherung.
Verfassungsfragen sind in Subsahara-Afrika zu zentralen Fragen der politischen Auseinandersetzung geworden. Selbst autoritäre Herrscher können Verfassungen und damit den Schutz von Grundrechten und Beschränkungen der Regierungsmacht nicht mehr außer Acht lassen.
Besonderes Augenmerk verdienen Verfassungskommissionen, die technokratisch, politisch oder durch breite gesellschaftliche Beteiligung geprägt sein können. Die in 13 afrikanischen Ländern eingesetzten Kommissionen deuten auf besonders große Reformbereitschaft hin.
Machtpolitische Fragen stehen im Vordergrund. Der international diskutierte "neue Konstitutionalismus", dessen Vertreter umfassende Bürgerrechte durch Verfassungen schützen wollen, ist in Afrika nicht die entscheidende Triebkraft der Reformen.
Die Verfassungsreformen dienen keineswegs immer der Demokratie. Mit Angola, Dschibuti, Kamerun und Tschad haben allein seit 2005 vier Regierungen und ihre Parlamentsmehrheiten die Beschränkung der Amtszeit des Präsidenten aus der Verfassung gestrichen, um sich an der Macht zu halten.
Stroh, Alexander, and Christian von Soest (2011), Den Machterhalt im Blick: Verfassungsreformen in Subsahara-Afrika, GIGA Focus Africa, 4, Hamburg: German Institute for Global and Area Studies (GIGA), http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-276906
The GIGA Focus is an Open Access publication and can be read on the Internet and downloaded free of charge at www.giga-hamburg.de/en/publications/giga-focus. According to the conditions of the Creative-Commons license Attribution-No Derivative Works 3.0, this publication may be freely duplicated, circulated, and made accessible to the public. The particular conditions include the correct indication of the initial publication as GIGA Focus and no changes in or abbreviation of texts.
The German Institute for Global and Area Studies (GIGA) – Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien in Hamburg publishes the Focus series on Africa, Asia, Latin America, the Middle East and global issues. The GIGA Focus is edited and published by the GIGA. The views and opinions expressed are solely those of the authors and do not necessarily reflect those of the institute. Authors alone are responsible for the content of their articles. GIGA and the authors cannot be held liable for any errors and omissions, or for any consequences arising from the use of the information provided.