GIGA Focus Asia
Number 4 | 2016
An international energy policy which contributes to keeping global warming below two degrees Celsius is not possible without the contribution of the emerging powers. China, India, and Indonesia hereby play a decisive role because of the volume and dynamism of their economies as well as their thereto-related energy consumption and greenhouse gas emission levels. True, the supply of regenerative energy has grown considerably in these three countries, but fossil fuels, especially coal, will remain dominant for a long time.
In China and India the power sector is decisive for climate change, whereas in Indonesia the shrinking tropical rainforest is the key factor. All three countries plan to extend their energy sectors massively in the coming decades. Fossil energy sources will decrease in relative terms, but will grow considerably in absolute terms.
Ambitious growth targets and corresponding energy plans are obstacles to sustainable policies. Line ministries with a preference for growth and/or fiscal constraint, state energy companies interested in their respective turf, populist parties considerate of “poor” consumers, and the blockade of innovative energy programmes by local and subnational authorities hinder a shift in energy policies.
Progressive energy and climate policies can build on the growing economic importance of the renewable energy sector, mounting popular dissatisfaction with air pollution and other environmental damages, and the determination of central coordinating agencies within emerging powers. These agencies propagate energy saving and conservation and are equipped with increasing sanctions power.
Economic growth is the priority of energy policies in China, India, and Indonesia. Thus, there is limited room for more sustainable energy policies. However, this can be augmented by supporting energy price reform, energy efficiency, and the search for new technological solutions through technology transfer by public and private agencies in the West. Generous financing of the new Green Climate Fund would also help.
Asien insgesamt kommt heute für über ein Drittel des weltweiten Energiekonsums und für etwa 40 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen auf. China liegt dabei jeweils auf Platz eins, Indien auf Platz drei, Indonesien deutlich dahinter. Der Anteil der drei asiatischen Schwellenländer an Energiekonsum und Treibhausgas-emissionen wird trotz aller Bemühungen, einen energieärmeren und klimaschonenden Entwicklungsweg einzuschlagen, weiter zunehmen. Die Gründe hierfür sind das rasche wirtschaftliche Wachstum, die mit Ausnahme von China deutlich ansteigende Bevölkerung, der anspruchsvoller werdende Konsum einer breiter werdenden Mittelschicht und der jeweils hohe Anteil von Kohle und Öl am Energiekonsum. Beim verantwortlichen Umgang mit endlichen Ressourcen und dem Versuch, die Erderwärmung zu begrenzen, sind also entweder stärkere Anstrengungen von China, Indien und Indonesien oder solche des Globalen Nordens erforderlich. Raum für die Expansion von Energiekonsum und daraus resultierenden Emissionen beider Gruppen wie bislang besteht nicht.
Möglichkeiten zur relativen Verringerung von Energiekonsum und Emissionen gibt es bei den asiatischen Schwellenländern durchaus. Ihre Energieintensität, also die pro US-Dollar des Bruttoinlandsproduktes aufgewendete Energiemenge, ist doppelt so hoch wie der globale Durchschnitt und liegt deutlich über derjenigen von beispielsweise Großbritannien und Deutschland. Die Energieintensität in China, Indien und Indonesien nimmt deutlich ab, kann aber die wachstumsbedingte Zunahme von Energiekonsum und Treibhausgasemissionen keinesfalls kompensieren.
Soll die Chance gewahrt werden, dass die globale Durchschnittstemperatur nicht um mehr als 2°C steigt, muss der weltweite Gesamtausstoß von Kohlenstoffdioxid auf 1.000 Gigatonnen beschränkt bleiben. Dieses Kohlenstoffbudget war jedoch schon im Jahr 2013 zu zwei Drittel ausgeschöpft, so ein Sonderbericht der International Energy Agency (2013). China und Indien allein werden nach heutigen Prognosen etwa die Hälfte des verbleibenden Budgets verbrauchen. In Indonesien stellt die Abholzung des Regenwaldes ein größeres Problem dar: Etwa 65 Prozent der Treibhausgasemissionen des Landes gehen auf Brandrodung zurück. An Tagen, an denen besonders viel Regenwald niedergebrannt wird, übersteigen Indonesiens Emissionen diejenigen Chinas. Doch auch der indonesische Energiesektor trägt aufgrund der bereits genannten Faktoren in erheblichem Ausmaß zum Klimawandel bei. Konsequenterweise hat Indonesien genau wie Indien die Kappung seiner Treibhausgasemissionen auf unbestimmte Zeit verschoben; China zumindest nur bis zum Jahr 2030. Selbstverpflichtungen zur Senkung der Energie- und Emissionsintensität der Volkswirtschaft – aber nicht der Menge von Energieverbrauch und Emissionen – lassen hingegen nahezu unbegrenzten Spielraum für anhaltendes Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch.
Zentral für das Verständnis der Energie- und Klimapolitik von China, Indien und Indonesien ist ihre starke Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, insbesondere von Kohle. Wie Abbildung 3 zeigt, ist sie der wichtigste Energieträger in China und Indien, in Indonesien rangiert sie auf Platz 2. In Indien und Indonesien ist zudem traditionelle Biomasse, beispielsweise Dung, Holz und Torf, von Bedeutung. Erneuerbare Energien wie Solar- und Windkraft bleiben bislang in allen drei Ländern marginal. Selbst Wasserkraft kommt in China trotz beeindruckender Großprojekte nur für 8 Prozent des Primärenergieverbrauchs auf.
Gemäß Planungen der chinesischen, indischen und indonesischen Regierung soll sich dieses Verhältnis in den kommenden Jahrzehnten zugunsten von erneuerbaren Energien und Nuklearenergie ändern – allerdings ohne die Vorherrschaft fossiler Energieträger zu brechen. So will China bis zum Jahr 2020 15 Prozent seines Energiebedarfs durch erneuerbare Energien, einschließlich Wasserkraft, decken. Chinas Investitionen in diese Energiequellen sind seit Jahren die weltweit höchsten. Führende Hersteller von Solar- und Windkraftanlagen sind in der Volksrepublik entstanden. Auch beim Bau gigantischer Wasserkraftwerke zählen chinesische Unternehmen zu den Weltmarktführern. Mit 280 und 91 Gigawatt (GW) hat China bereits heute größere Wasser- und Windkraftkapazitäten als alle anderen Staaten. Die installierte Solarkapazität von 18 GW gehört im internationalen Vergleich ebenfalls zu den größten. Nuklearenergie in China wirkt nur wegen des enormen Ausmaßes der chinesischen Stromerzeugung marginal. Der Sektor bringt es bereits heute auf knapp 29 GW. Bis zum Jahr 2020 soll sein Anteil am nationalen Stromverbrauch auf 6 Prozent steigen. Nichtsdestoweniger werden fossile Brennstoffe auch in den kommenden Jahrzehnten dominant bleiben. Ihr Anteil am Gesamtenergiekonsum wird laut den aktuellen Berechnungen der International Energy Agency (2015) 80 Prozent nicht unterschreiten.
Erneuerbare Energien sind ein wichtiger werdender Teil auch des indischen Energiemixes. Ihr Anteil am Gesamtenergiekonsum soll sich bis zum Jahr 2030 auf 40 Prozent erhöhen. Der Ausbau der Solarkraft wird von der neuen indischen Regierung aus Gründen vermuteter Standortvorteile bei der Produktion von Solar- panels favorisiert. Solar- und Windenergie muss seit dem Jahr 2003 zu recht attraktiven Preisen eingespeist werden. Der Bau entsprechender Anlagen wird steuerlich begünstigt. Gleichzeitig soll die Nuklearenergie ausgebaut werden: fünf Reaktoren befinden sich im Bau; 18 weitere sind in Planung und sollen bis zum Jahr 2025 ans Netz gehen. Die neue indische Regierung möchte zudem die Kohleproduktion bis zum Jahr 2019 verdoppeln, ein Ziel, das wegen festhängender Gesetzesvorhaben wohl nicht erreicht wird.
In Indonesien sollen im Rahmen eines Elektrifizierungsprogramms bis zum Jahr 2022 neue Kraftwerkskapazitäten von 18 GW entstehen. Während man in der ersten Phase, in der bereits 8 GW zusätzlich geschaffen wurden, fast ausschließlich auf Kohle setzte, beinhaltet die aktuelle zweite Phase neben Gas- und Kohlekraftwerken auch Geothermie, Solar-, Wasser- und Windkraft. Glaubt man den optimistischen Planungen der Regierung, wird sich der Strommix Indonesiens bis zum Jahr 2025 grundlegend ändern: Kohle soll gemäß der Staatlichen Regulierung Nr. 79, erlassen im Jahr 2014, dann nur noch für 30 Prozent des Bedarfs aufkommen, Erdöl und -gas für 22 beziehungsweise 25 Prozent. Erneuerbare Energien brächten es auf beeindruckende 23 Prozent, gestützt durch einen massiven Ausbau der Geothermie.
Zu erwarten ist aufgrund der anhaltenden Dominanz fossiler Energieträger und wegen des absoluten Wachstums des Energiekonsums, dass China, Indien und Indonesien in Zukunft noch mehr Erdöl, Erdgas und Kohle verbrauchen werden. Dies bringt etliche Probleme mit sich. Bereits jetzt konsumiert China fast die Hälfte der weltweiten Kohleproduktion, zuletzt allerdings mit stagnierender Tendenz. Die heimische Kohle ist eher minderer Qualität. Ihre Förderung wird wegen der notwendigen Vertiefung der Schächte immer schwieriger und teurer. Seit dem Jahr 2002 muss China steigende Mengen an Kohle importieren. Auch bei Öl, der zweitwichtigsten Energiequelle, ist die Importquote auf mittlerweile über 50 Prozent gestiegen. Im Jahr 2035 könnte sie gar etwas mehr als 70 Prozent betragen. Seit dem Jahr 2007 muss China ebenfalls Erdgas importieren. Gegenwärtig liegt die Einfuhrquote bei rund einem Drittel des Bedarfs.
Ähnliche Probleme gibt es in Indien. Das Land ist zwar weltweit drittgrößter Kohleförderer und verfügt über erhebliche Vorkommen, muss aber zunehmend importieren. Die Gründe hierfür sind, dass der dominante staatliche Anbieter Coal India seit Jahren hinter dem Fördersoll herhinkt. Die staatlichen Eisenbahnen können den Transport von den Fördergebieten zu den Kraftwerken nicht bewältigen. Dies sowie die minderwertige Qualität der indischen Kohle machen sie teurer oder sogar für die industrielle Verkokung ungeeignet. Die heimische Förderung von Erdöl stagniert seit Mitte der 1990er Jahre. Bis zum Jahr 2030 dürfte die Importquote auf 90 Prozent steigen. Die Förderung von Erdgas entwickelt sich nur moderat, trotz neuentdeckter Reserven. Indien muss seit dem Jahr 2004 in wachsendem Maße Erdgas importieren. Dies wird sich mit der geplanten Umstellung etlicher Kraftwerke von Kohle auf Erdgas als Brennstoff und dem vermehrten Einsatz gasbetriebener Kraftfahrzeuge intensivieren.
Indonesien ist zwar weltweit größter Kohleexporteur und fünftgrößter Exporteur von Flüssiggas, allerdings importiert das Land bereits heute Erdöl und Erdölprodukte in großem Umfang. Bis zum Jahr 2030 dürfte der Importanteil auf 90 Prozent steigen. Grund hierfür ist, dass seit Beginn dieses Jahrtausends keine nennenswerten Öl- und Gasfelder in Indonesien gefunden wurden. Dort, wo bereits gefördert wird, sinken die Fördermengen. Im Osten des Landes findet, unter anderem aufgrund geologischer Hindernisse, kaum Exploration statt. Auch Indonesiens Gasförderung leidet hierunter. Sie fällt seit Beginn dieses Jahrzehnts. Ein Großteil des bei der Ölförderung freigesetzten Erdgases wird mangels Transportmöglichkeiten abgefackelt. Folglich liegen die Einnahmen aus dem Export von Erdgas und Kohle nur noch geringfügig über den Kosten des Imports von Erdöl.
Die Dominanz fossiler Brennstoffe in den genannten Staaten hat zu einer erheblichen Verschlechterung der lokalen Umweltqualität geführt. Dies betrifft zunächst den Klimawandel, dessen zukünftige Auswirkungen vom Intergovernmental Panel on Climate Change (2014) anschaulich zusammengefasst werden. So liegen etwa 40 Prozent der Fläche von Jakarta mit seinen knapp 10 Millionen Einwohnern bereits heute unter dem Meeresspiegel. Durch teure Schutzmauern wird Überschwemmungen vorgebeugt. Trotzdem stand im Jahr 2002 ein Fünftel der Stadt unter Wasser. Da der Klimawandel die Wassermenge, die einige chinesische Flüsse führen, in den kommenden Jahrzehnten um 40 Prozent steigern wird, bedrohen Überschwemmungen auch Metropolen wie Shanghai. Ernteausfälle in Folge von Dürren und Überschwemmungen sind bereits jetzt Alltag in China. Die Auswirkungen des Klimawandels dürften Indien in naher Zukunft schätzungsweise 9 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes kosten. Ein Anstieg der globalen Temperaturen um 2°C hätte zur Folge, dass etwa 7 Millionen Menschen in den Städten Chennai und Mumbai umgesiedelt werden müssten.
Außerdem sind Gas-, Öl- und Kohlekraftwerke, die zumeist ohne moderne Filtertechnik betrieben werden, für Luftverschmutzung in hohem Ausmaß verantwortlich. Hinzu kommt der Verkehr, der chinesische, indische und indonesische Millionenstädte fast schon regelmäßig mit dichtem Smog überzieht. So musste im vergangenen Dezember in zehn chinesischen Städten die höchste Smog-Alarmstufe ausgerufen werden. In Beijing blieben Kindergärten und Schulen für mehrere Tage geschlossen. Neu-Delhi gilt als die Stadt mit der weltweit schlechtesten Luftqualität. Ende des letzten Jahres erreichten die Werte für Feinstaub und andere gesundheitsgefährdende Luftbestandteile dort teils das Fünfzehnfache der internationalen Grenzwerte. Asthma, Lungenentzündung, tränende Augen und Hautausschläge gehören für viele Menschen in Indonesien zum Alltag, wenn besonders intensiv Brandrodung betrieben und damit auch das in Torfmooren gespeicherte Kohlenstoffdioxid freigesetzt wird. Die geplanten 117 neuen Kohlekraftwerke werden die Lebenserwartung in Indonesien negativ beeinflussen. Besonders auf Java und in Teilen Sumatras stoßen Kohlekraftwerke schon heute Feinstaub in kritischem Ausmaß aus.
Diese bereits jetzt spürbaren Auswirkungen haben in China, Indien und Indonesien dazu geführt, dass es eine gewisse politische Bereitschaft und Debatte über Kurskorrekturen in der Energiepolitik gibt. Im Jahr 2005 beschloss die chinesische politische Führung, die Energienachfrage müsse unter Kontrolle gebracht werden. Grund hierfür war nicht nur die zunehmende Luftverschmutzung. Auch die steigende Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten bei damals hohen Weltmarktpreisen deuteten auf strukturelle Probleme hin. Der 11. Fünfjahrplan (2006-2010) enthielt erstmals einen auf Provinzebene heruntergebrochenen und sanktionsbewehrten Zielwert zur Reduktion der Energieintensität der Produktion um 20 Prozent. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden konkrete Einzelprogramme beschlossen: Den größten 1.000 Unternehmen verordnete die Regierung Energiesparauflagen. Kraft-Wärme-Kopplung wurde (und wird) staatlich gefördert; Öl durch Gas ersetzt. Darüber hinaus soll die Energieeffizienz bei öffentlicher Beleuchtung, Heizanlagen und Kraftfahrzeugen gesteigert werden. Um wenig energieeffiziente Klein- und Mittelbetriebe zu schließen, gibt es sogar staatliche Mittel, die die sozialen Folgekosten abfedern sollen. Des Weiteren wurden die Auflagen für den Bau von Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energie gelockert.
Der 12. Fünfjahrplan (2011-2015) verordnete eine erneute Reduktion der Energieintensität der Produktion: diesmal um 16 Prozent. Zusätzlich wurde die Einspeisevergütung für Strom aus regenerativen Energien erhöht und Höchstgrenzen für den Benzinverbrauch privater Kraftwagen herabgesetzt. In langfristiger Hinsicht entscheidend ist die Ankündigung, das zurzeit auf energie- und exportlastige industrielle Güterproduktion ausgerichtete chinesische Wirtschaftsmodell umzustellen. Binnenmarktorientierte, technologieintensive und nachhaltige Sektoren, neuerdings von der Regierung als „ökologische Zivilisation“ bezeichnet, rücken in den Fokus. China erreichte seine relativ ehrgeizigen Ziele bei der Senkung der Energieintensität in den letzten beiden Fünfjahrplänen – auch dadurch, dass Hunderte ineffizienter Fabriken, Kohleminen und -kraftwerke geschlossen wurden. Beim Bau sogenannter superkritischer, also besonders effizienter Kraftwerke ist die Volksrepublik weltweit Spitzenreiter (Burnard et al. 2014). Gleiches gilt, wie bereits erwähnt, für den Ausbau regenerativer Energien, teils sogar für technologische Entwicklungen in diesem Bereich.
Auch Indien hat seine Energiepolitik seit fast 20 Jahren deutlich verändert. Die Energiequellen sollen diversifiziert, der Energieeinsatz – insbesondere in Hinblick auf die hohen Transmissionsverluste – effizienter werden. Vorgaben für den Energieverbrauch von energieintensiven Industrien gibt es seit dem Jahr 2001. Seit dem Jahr 2003 reguliert eine zentrale Behörde die Stromversorgung und -preise. Industriebetriebe dürfen Strom für den eigenen Verbrauch erzeugen. Die nationale Umweltpolitik, die im Jahr 2006 bekannt gemacht wurde, sieht die Vergabe von Verbrauchsiegeln für Industrieprodukte und finanzielle Anreize für saubere Technologien vor. Im Anschluss wurden acht nationale „Missionen“ anvisiert, eine davon zur Förderung von Solarenergie, eine andere für mehr Energieeffizienz in wichtigen Industriesektoren. Die integrierte Energiepolitik schlägt Maßnahmen vor, um den Anteil von Biokraftstoffen zu erhöhen, den öffentlichen Nahverkehr zu fördern und die Energieeffizienz zu steigern. Gleichzeitig sind Ökolabels für Haushaltsgeräte eingeführt und ein Kodex für Energieeinsparung in Gebäuden erlassen worden. Großbetriebe wurden gezwungen, geprüfte Energiebilanzen zu veröffentlichen. Unter dem Verbrauchsoll liegende Betriebe dürfen seither die Differenz per Zertifikat an andere verkaufen.
Vor zwei Jahren wurden zudem die Kohleabgabe, die Steuer pro verbrannter Tonne Kohle, verdoppelt und der Zielwert für die Solar- und Windenergiekapazität erhöht. Seit dem Jahr 2014 hat Indien zwar nur 10 Prozent der Summe Chinas in regenerative Energien investiert, trotzdem liegt man bei Solar- und Windenergie auf vorderen Plätzen im globalen Vergleich. Klimabedingte Schließungen von Unternehmen sind hingegen nahezu unbekannt. Die Mehrzahl der Kohlekraftwerke ist noch konventioneller Natur, also nicht übermäßig effizient.
Im Jahr 2011 legte Indonesiens Regierung den nationalen Plan zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen vor. Ihm zufolge soll der öffentliche Nahverkehr gestärkt und der Einsatz von Biokraftstoffen gefördert werden. Maßnahmen, die die Energieeffizienz von Kraftstoffen und die Effizienz der Stromerzeugung steigern und den Stromverbrauch reduzieren sollen, werden angeregt. Auch verpflichtet sich die indonesische Regierung, erneuerbare Energie wie oben angesprochen auszubauen. Außerdem gibt es in Indonesien mittlerweile einen staatlichen Fonds für Geothermieprojekte, über den die hohen Kosten riskanter Explorationen abgesichert werden sollen. Bei der Umsetzung dieser Maßnahmen ist Indonesien allerdings weitaus weniger erfolgreich als China und Indien.
In China stehen verschiedene Hemmnisse einer umweltfreundlicheren Energiepolitik entgegen. Zahlreiche Behörden, Ministerien und Staatsunternehmen im Energiebereich setzen sich teils immer noch gegen eine effektive energiepolitische Koordinierungsinstanz zur Wehr. Die Staatsunternehmen im Energiebereich sind ausgesprochen einflussreich, in den politischen Führungsorganen des Landes stark vertreten und betrieben zuweilen eine eigenständige Außenwirtschaftspolitik. Noch problematischer ist, dass die Regierungen jener Provinzen, die vom bisherigen wirtschaftlichen Wachstum des Landes nur begrenzt profitiert haben und daher auf dessen Fortsetzung drängen, zentralstaatliche Auflagen zu Energieeinsparung und stärkerer Einspeisung erneuerbarer Energien konterkarieren.
Ein Faktor, der für einen Wandel hin zu einer umweltfreundlichen Energiepolitik spricht, ist das Interesse der chinesischen Zentralregierung, als verantwortlicher internationaler Akteur wahrgenommen zu werden. Der bereits angesprochene wirtschaftliche Strukturwandel stellt nicht nur eine energie- und klimapolitische Notwendigkeit dar. Er spiegelt vielmehr wider, dass auch der politischen Führung der Volksrepublik die Endlichkeit der eigenen Ressourcen bewusst geworden ist (Williams 2014). Darüber hinaus sind in China mittlerweile Unternehmen im Bereich erneuerbare Energien, zu denen etliche Weltmarktführer gehören, politisch und wirtschaftlich einflussreich. Auch umweltbezogene Nichtregierungsorganisationen, deren Kritik an lokalen Auswirkungen des bisherigen Energiekurses allerdings den Führungsanspruch der Partei nicht in Frage stellen darf, wirkten auf einen Politikwechsel hin.
In Indien präsidiert eine relativ schwache, oft fragmentierte Regierung über eine starke, recht heterogene Gesellschaft. Die Kompetenzen in der Energie- und Klimapolitik sind auch aus Gründen der Koalitionsarithmetik zwischen verschiedenen Behörden und Ministerien sowie zwischen den Bundesstaaten und der Zentralregierung zersplittert. Die zahlreichen, gewerkschaftlich gut organisierten Arbeitskräfte im Energiebereich vermögen sich gegen Reformen, die zu höherer Energieeffizienz und Investitionen in regenerative Energien führen sollen, zu wehren. Dass die indischen Stromtarife für private Haushalte zu den niedrigsten weltweit gehören, oftmals der Verbrauch nicht abgelesen und selbst Stromklau kaum geahndet wird, folgt aus der Stimmabhängigkeit der Parteien von nicht immer wirklich armen, aber umfangreichen Gruppen. Wegen Widerstands der Landbevölkerung verläuft auch der Landerwerb für neue Energievorhaben, insbesondere für Wasserkraftwerke und deren Stauseen, neuerdings ausgesprochen schleppend.
Die Befürworter eines Politikwechsels können sich nur schwer gehen diese Beharrungskräfte durchsetzen. Die indische Zentralregierung möchte zwar auch als international verantwortlicher Akteur wahrgenommen werden, sieht sich aber gleichfalls als Verteidiger umweltpolitischer Interessen der ärmeren Entwicklungsländer, zu denen Indien gar nicht mehr gehört. Die Zivilgesellschaft agiert ähnlich ambivalent: Sie greift die Regierung wegen energie- und umweltpolitischer Versäumnisse an, unterstützt deren strukturkonservativen Kurs auf internationaler Ebene jedoch fast vorbehaltlos. Hingegen sind Teile der Unternehmerschaft – zumindest jene in der progressiven Confederation of Indian Industry – gegenüber einem Kurswechsel aufgeschlossen, auch wenn Indiens Stellung auf dem Markt erneuerbarer Energietechnologien schwächer ist als die chinesische.
Auch in Indonesien steht die Zersplitterung der Energiepolitik einem Kurswechsel entgegen: Der Nationale Energierat formuliert die Energiepolitik des Landes. Das Ministerium für Energie und Rohstoffe hat sie umzusetzen, ist aber bei allen Maßnahmen, die sich auf den Staatshaushalt auswirken, auf die Zustimmung des Finanzministeriums angewiesen. Dies betrifft insbesondere Subventionen für erneuerbare Energie. Das Industrie- und das Planungsministerium wirken ebenfalls auf die nationale Energiepolitik ein. In den meisten Fällen liegt der Fokus der Beteiligten aufgrund übergeordneter Ziele, Haushaltskonsolidierung, Wirtschaftswachstum etc., nicht auf umweltfreundlicher Energiepolitik. Darüber hinaus sind im Zuge der Dezentralisierung regional- und lokalpolitische Instanzen derart gestärkt worden, dass es dem indonesischen Zentralstaat oft nicht möglich ist, energie- und klimapolitisch sinnvolle Projekte, beispielsweise in der Geothermie, gegen die kurzfristigen Interessen von Regional- und Lokalpolitikern durchzusetzen (Winters und Cawvey 2015). Die allgemeinen Benzin- und Dieselsubventionen effektiv zu reduzieren, wird durch einen Schwarzmarkt verkompliziert, auf dem selbst regionale Abteilungen des staatlichen Stromversorgers entgegen eindeutiger Gesetzeslage Kraftstoff erwerben.
Trotz erkennbarer Bemühungen und – zumindest in China und Indien – gewisser Fortschritte sind die drei asiatischen Schwellenländer weit von einer Energiepolitik entfernt, die notwendig wäre, um den globalen Klimawandel in einem erträglichen Ausmaß zu halten. Ihre Treibhausgasemissionen werden weiter zunehmen und fossile Energieträger dominant bleiben. Konsequent auf eine klimaschonende Energiepolitik umzustellen, wäre zumindest kurz- und mittelfristig mit beträchtlichen Kosten verbunden. Ein solcher Wechsel würde Investitionen in wenig effiziente Kraftwerke entwerten und erhebliche Mittel für den Ausbau erneuerbarer und effizienterer Energieerzeugung und -nutzung beanspruchen. Letztgenannte Kosten wären sofort fällig und aufgrund höherer Zinsen teurer als für die größten Volkswirtschaften des Globalen Nordens. Zusätzliche Entwicklungshilfe kann bei China, Indien und Indonesien angesichts dieser Finanzbedürfnisse und ihrer Widerstände gegen konditionierte Zuweisungen nur wenig bewirken, die Zusammenarbeit asiatischer und westlicher Regierungen bzw. Unternehmen beim Abbau der Energiesubventionen, der Steigerung der Energieeffizienz, der Suche nach neuen technologischen Lösungen und ihrem weltweiten Export aber ziemlich viel. Dabei könnte die großzügige Ausstattung des Green Climate Fund hilfreich sein.
Natürlich stehen den genannten Kosten auch Einsparungen und gesellschaftliche Nutzen – etwa durch geringere Luftverschmutzung – entgegen. Internationale Zusammenarbeit sollte daher darauf zielen, Energie- und Umweltministerien sowie energie- und klimapolitisch progressive Nichtregierungsorganisationen in China, Indien und Indonesien zu stärken. Hierzu zählt auch der Wissenstransfer mit Hinblick auf Strategien, die positive Effekte einer Energiewende von Arbeitsplätzen und Marktchancen für neue Unternehmen bis hin zur öffentlichen Gesundheit deutlich machen und politische Entscheidungsprozesse entsprechend beeinflussen.
Das entlässt den Globalen Norden nicht aus der Pflicht, seinerseits Ähnliches und mehr zu tun. Es ändert auch nicht die von den Regierungen der Schwellenländer gern geforderte Wahrnehmung der historischen Verantwortung Europas und Nordamerikas für das Gros der bisherigen Anreicherung der Erdatmosphäre mit Treibhausgasen. Allerdings nehmen Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen der asiatischen Schwellenländer rasch zu. Der von ihnen gerne beschworene geringe Energieverbrauch pro Kopf liegt schon jetzt im weltweiten Durchschnitt; die Energie- und Emissionsintensität der Produktion darüber. In Bezug auf die internationale Verteilung von Anpassungslasten muss man zum Schluss kommen, dass China, Indien und Indonesien ihre Emissionen und ihren Verbrauch weniger reduzieren, als es ihrem aggregierten Pro-Kopf-Anteil am verbleibenden Kohlenstoffbudget angemessen wäre. Die auf der Konferenz in Paris Ende 2015 abgegebenen nationalen Verpflichtungen zur Emissionsminderung fielen nach Einschätzung kritischer internationaler Beobachter für China und Indien nur moderat ambitioniert, für Indonesien unzureichend aus (Climate Action Tracker 2015). Dieser begrenzte Ehrgeiz bei eigenen Beiträgen zur Wahrung des Weltklimas fällt den weniger prosperierenden Entwicklungsländern in Afrika und den Inselstaaten zunehmend auf. Sie fordern bereits vernehmlich stärkere Anstrengungen seitens der Schwellenländer, bislang allerdings mit mäßigem Erfolg.
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