GIGA Focus Lateinamerika
Nummer 4 | 2008 | ISSN: 1862-3573
Für Mexiko hat die Metapher vom "War on Drugs" ihre martialische Symbolik längst zugunsten höchst realer Gewaltszenarien eingebüßt. In den Jahren 2006 und 2007 sind dort mehr als 5.000 Menschen im Zusammenhang mit dem illegalen Drogengeschäft und den staatlichen Maßnahmen zu dessen Bekämpfung getötet bzw. ermordet worden. US-Präsident Bush will die drogenpolitische Offensive im Nachbarland mit einem US$ 1,4 Mrd. teuren Hilfspaket unterstützen, das derzeit im Kongress beraten wird.
Analyse Begünstigt durch die geographische Nähe fungiert Mexiko seit nahezu zwei Jahrzehnten als wichtigster Versorger des US-amerikanischen Drogenmarkts. Über die Nordgrenze werden nicht nur die in Mexiko selbst erzeugten Rauschmittel Marihuana, Heroin und Methamphetamin geschmuggelt, das Land dient auch dem Transit von rund 90% des in den USA konsumierten Kokain. Die durch die Position an der strategischen Schnittstelle des Kokainhandels bedingten riesigen Einnahmen haben zur Entstehung mächtiger krimineller Organisationen – sogenannter Kartelle – geführt, die ihre Geschäftsinteressen mit einer Rücksichtslosigkeit verfolgen, die kolumbianische Vorbilder in den Schatten stellt.
Wichtigster interner Erklärungsfaktor der sinistren "Erfolgsstory" der Drogenkartelle ist die endemische Korruption. Ohne Kollaborateure und Protektoren in Politik, Justiz und Polizei hätten die Drogensyndikate ihre heutige Bedeutung und Schlagkraft nicht erreichen können. Korruption hat die Kartelle stark gemacht, und diese Stärke erschwert jetzt wiederum eine wirkungsvolle Bekämpfung der Korruption.
Präsident Calderón setzt beim Vorgehen gegen die Drogenkartelle primär auf das Militär. Das mag zur Deeskalation der Gewalt in zahlreichen Brennpunkten des Drogenhandels führen, ist jedoch im Hinblick auf die wesentlichen Triebkräfte des Drogengeschäfts nicht zielführend.
Langfristige Erfolge gegen das organisierte Verbrechen können nur über den Weg der institutionellen Stärkung von Justiz und Polizei erreicht werden. Entsprechende Ankündigungen Calderóns werden bislang nicht durch konkrete innovative Schritte gestützt.
Das Hilfspaket der USA (Mérida Initiative) entspricht der Logik der Calderón’schen Antidrogenstrategie und ist von daher kaum geeignet, mehr als kurzfristige und oberflächliche Effekte zu erzielen.
Hoffmann, Karl-Dieter (2008), Mexikos „War on Drugs“ und die Mérida Initiative, GIGA Focus Lateinamerika, 4, Hamburg: German Institute for Global and Area Studies (GIGA), http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-275190
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