GIGA Focus Middle East

Führungswechsel bei Ägyptens Muslimbruderschaft: Demokratieversuch mit unverhofftem Ergebnis

Number 1 | 2010 | ISSN: 1862-3611


  • Am 16. Januar 2010 gab Ägyptens größte Oppositionsbewegung – die verbotene, aber geduldete Muslimbruderschaft – die Wahl von Mohammad Badei zu ihrem neuen Obersten Führer bekannt. Badei wurde Nachfolger von Mohammad Mahdi Akef, der nach nur sechs Jahren Amtszeit seinen Rücktritt erklärt hatte. Erstmals schied damit ein Oberster Führer der Muslimbruderschaft nicht durch Tod, sondern freiwillig aus dem Amt.

    Analyse Mit dem Amtsverzicht ihres Obersten Führers und der Neuwahl seines Nachfolgers versuchte die Muslimbruderschaft, sich als die politische Reformkraft Ägyptens darzustellen. Sie präsentierte damit ein Kontrastprogramm zu Ägyptens 82-jährigem Präsidenten Hosni Mubarak, der trotz seines hohen Alters nicht von seinem Amt lassen will und überdies die Weichen für die Nachfolge durch seinen Sohn Gamal Mubarak stellt. Akefs bereits im April 2009 angekündigter Rücktritt bedeutete zwar einen demokratischen Impuls innerhalb der Organisation; Vorfeld, Ablauf und Ergebnis der Wahl verdeutlichen jedoch, dass die Muslimbruderschaft damit ein politisch riskantes Terrain betreten hat.

    • Das Ergebnis der Wahl kündet von einem klaren Machtzugewinn der konservativen Kräfte innerhalb der Muslimbruderschaft.

    • Der Wahlgang und sein Vorlauf legte erhebliche Spannungen und Konflikte zwischen Konservativen und Reformern offen und förderte zudem Unzulänglichkeiten hinsichtlich der internen demokratischen Praxis zutage.

    • Das Regime und die staatsnahen Medien trugen zur Erhöhung der Konflikte bei. Dies ist insbesondere im Kontext der Weichenstellung für die Parlamentswahlen 2010 zu sehen, für die das Regime die Muslimbruderschaft als größte Oppositionsbewegung zu schwächen sucht.

    • Entgegen der ursprünglichen Intention führte der Demokratieversuch vorerst zu einer Schwächung der Muslimbruderschaft. Gleichwohl erscheinen Prognosen über ihre bevorstehende Spaltung, Auflösung oder Radikalisierung voreilig.


    Footnotes



      Research Programmes

      How to cite this article

      Ranko, Annette Büchs (2010), Führungswechsel bei Ägyptens Muslimbruderschaft: Demokratieversuch mit unverhofftem Ergebnis, GIGA Focus Middle East, 1, Hamburg: German Institute for Global and Area Studies (GIGA), http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-274381


      Imprint

      The GIGA Focus is an Open Access publication and can be read on the Internet and downloaded free of charge at www.giga-hamburg.de/en/publications/giga-focus. According to the conditions of the Creative-Commons license Attribution-No Derivative Works 3.0, this publication may be freely duplicated, circulated, and made accessible to the public. The particular conditions include the correct indication of the initial publication as GIGA Focus and no changes in or abbreviation of texts.

      The German Institute for Global and Area Studies (GIGA) – Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien in Hamburg publishes the Focus series on Africa, Asia, Latin America, the Middle East and global issues. The GIGA Focus is edited and published by the GIGA. The views and opinions expressed are solely those of the authors and do not necessarily reflect those of the institute. Authors alone are responsible for the content of their articles. GIGA and the authors cannot be held liable for any errors and omissions, or for any consequences arising from the use of the information provided.

      Annette Ranko

      Annette Ranko

      Former GIGA Team member



      GIGA Focus Middle East | 8/2011

      Auf dem Weg in eine neue Republik? Die Türkei nach dem Rücktritt des Generalstabs

      Dietrich Jung

      GIGA Focus Middle East | 1/2012

      Wahlsieg der Islamisten in Ägypten: Der Aufstieg der Muslimbrüder und der Salafisten

      Annette Ranko

      Former GIGA Team member

      Notification

      Sign up to receive email notifications about GIGA activities

      Social Media

      Follow us