GIGA Focus Latin America
Number 1 | 2015 | ISSN: 1862-3573
Am 21. Januar 2015 wurde Evo Morales zum bereits dritten Mal als Staatspräsident Boliviens vereidigt. Bei der Präsidentschaftswahl vom Oktober 2014 hatte er 61,4 Prozent der Stimmen erhalten. Das beweist seine nach wie vor große Popularität in der Bevölkerung des Landes. Als "indigener" Präsident kann er nicht mehr bezeichnet werden.
Analyse Obwohl Morales weiterhin von der internationalen Presse als „indigener Präsident“ charakterisiert wird, trifft diese Beschreibung schon seit Längerem nicht mehr zu. Morales und seine Partei Movimiento al Socialismo (MAS) setzen zunehmend auf eine Wirtschafts- und Umverteilungspolitik, die allen Bolivianern zugutekommen soll. Die Mehrheit der Bolivianer ist offensichtlich mit den Leistungen der Regierung zufrieden, dennoch gibt es nach wie vor Kritik an Morales‘ Regierungsstil.
Die MAS wurde in den Parlamentswahlen des Jahres 2002 als indigene Partei bekannt, denn sie war aus den Interessenvertretungsstrukturen der Kokabauern heraus entstanden; auch Evo Morales selbst war Kokabauer gewesen. Mit über 20 Prozent der Stimmen erhielt die Partei überraschend viel Unterstützung.
Das Wahlprogramm der MAS war jedoch nur im Jahr 2002 stark von indigener Rhetorik geprägt. In den Wahljahren 2005, 2009 und 2014 wurden die Interessen der indigenen Bevölkerung Boliviens zwar benannt, doch bei Weitem nicht in dem Maße zum Thema gemacht, wie es möglich gewesen wäre.
In den vergangenen Parlamentswahlen stellte die MAS immer weniger indigene Direktkandidaten auf. Zudem sank die Zahl der indigenen MAS-Kandidaten, die einen Wahlerfolg erzielen konnten, gegenüber dem Jahr 2002 . Bei den anderen Parteien war demgegenüber eine leichte Erhöhung der Anzahl indigener Kandidaten aus dem Tiefland zu beobachten.
Auch im öffentlichen Diskurs spielen indigene Themen seit 2007 eine erheblich geringere Rolle. Die Regierung betont die nationale Einheit und Zusammengehörigkeit aller Bürger.
Flesken, Anaid (2015), Bolivien: vom sinkenden Stellenwert indigener Politik, GIGA Focus Latin America, 1, Hamburg: German Institute for Global and Area Studies (GIGA), http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-423217
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