GIGA Focus Lateinamerika

Wahl in Brasilien: Rechtspopulismus auf dem Vormarsch

Nummer 5 | 2018


  • Wahlkampfveranstaltung von Jair Bolsonaro in Brasilien.
    © Reuters / Nacho Doce

    Der rechtsextreme ehemalige Militär Jair Bolsonaro führt zwei Wochen vor der brasilianischen Präsidentschaftswahl am 7. Oktober die Umfragen an. Ihm fehlen zwar Regierungserfahrung und eine gewichtige Parteienallianz, doch weiß der umstrittene Politiker die Wut der Brasilianer über die Dauerkrise zu kanalisieren. Dabei gelingt es Bolsonaro, sich mit polemischen Beiträgen in den sozialen Medien als Gegenentwurf zur korrupten Politikerkaste zu inszenieren.

    • Brasilien steckt in einer tiefen Krise. Sie ist die Folge einer Rezession mit Minuswachstumsraten um 4 Prozent und einem Korruptionsskandal, der das politische System erschüttert: ein fruchtbarer Boden für Autoritarismus. Mit seinem radikalen Programm mobilisiert Bolsonaro die gebildete Mittelschicht und ultrakonservative Wähler.

    • Der unter Korruptionsverdacht stehende Präsident Michel Temer hat eine unpopuläre Austeritätspolitik verfolgt. Lula da Silva von der Arbeiterpartei (PT) ist bereits wegen Korruption verurteilt. Dennoch erlauben es ihm seine hohen Beliebtheitswerte, den PT-Kandidaten Fernando Haddad aus dem Gefängnis entscheidend zu unterstützen.

    • Eine zentrale Parole Bolsonaros lautet „Waffen zur Selbstverteidigung für alle!“: Die Militarisierung der Gesellschaft als Rezept gegen die ausufernde Gewalt. Bei einer Wahlkampfveranstaltung im September wurde Bolsonaro selbst Opfer einer Messerattacke.

    • Der Katholik und vormalige Baptist begründet seine Positionen gegen Abtreibung sowie gleichgeschlechtliche Ehe und für die Todesstrafe auch mit seinem Glauben. Wirtschaftlich wettert Bolsonaro gegen hohe Steuern und den Einfluss Chinas. Nach dem Motto „Brazil First“ verspricht er die Schaffung Millionen neuer Arbeitsplätze.

    Fazit

    Die Kandidatur des Rechtspopulisten bricht den traditionellen Lagerwahlkampf zwischen der linken Arbeiterpartei und den konservativen Sozialdemokraten auf. In der neuen Konstellation ist eine Entscheidung im ersten Wahlgang sehr unwahrscheinlich. Gesucht wird der Gegner Bolsonaros bei der Stichwahl am 28. Oktober. Im zweiten Wahlgang könnte die hohe Ablehnungsquote bei den Brasilianerinnen Bolsonaro den Sieg kosten. Für einen Triumph spricht dagegen, dass sich in Umfragen viele potenzielle Wähler wegen seines radikalen Image nicht zu Bolsonaro bekennen.

    Wahlen im Schatten der Krise

    Noch vor wenigen Jahren wäre der Aufstieg eines Präsidentschaftskandidaten vom Schlage Jair Bolsonaros in Brasilien kaum denkbar gewesen. Die Amtszeiten Lula da Silvas (2003-2010) von der Arbeiterpartei (Partido dos Trabalhadores, PT) waren von Aufbruchsstimmung geprägt. Umverteilungsprogramme wie Fome Zero und Bolsa Familia wurden von Lulas Nachfolgerin Dilma Rousseff (2011-2016) fortgeführt. Das Hungerleiden in Brasilien wurde während der PT-Regierungen erstmals erfolgreich bekämpft. 24 Millionen Brasilianer entkamen der absoluten Armut und auch die für eine breite demokratische Teilhabe entscheidende Mittelschicht wuchs beträchtlich. Kurz: eine inklusivere Gesellschaft schien möglich.

    Mit dem Mindestlohn stieg auch die Binnennachfrage. Das führte zusammen mit den hohen Rohstoffpreisen auf dem Weltmarkt zu einem Wachstumsschub. Trotz internationaler Finanzkrise wurden während der beiden Amtszeiten Lulas 14 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen.

    Es folgte der globale Aufstieg Brasiliens im BRICS-Verbund gemeinsam mit Wirtschaftsmächten wie China und Indien (Destradi, Nolte und Prys-Hansen 2018). Die Auswahl zum Gastgeber der Fußballweltmeisterschaft 2014 und der Olympischen Spiele 2016 erschien als logische Konsequenz. Das Vertrauen der globalen Finanzmärkte stieg. Selbstvertrauen und Optimismus waren größer als je zuvor.

    Im Jahr 2014 wendete sich das Blatt. Seitdem erschüttert ein maßloser Korruptionsskandal das politische System. Involviert sind nicht nur alle großen politischen Parteien, sondern auch eine Vielzahl von privaten Konzernen und (halb)staatlichen Wirtschaftsriesen wie die Petrobras.

    Die juristische Untersuchung des Skandals Operaçao Lava Jato (Operation Waschstraße) war die treibende Kraft hinter dem Impeachmentverfahren, das die Lula-Nachfolgerin Dilma Rousseff, ebenfalls von der PT, im Jahr 2016 die Präsidentschaft kostete. Dem folgte die Verurteilung und Inhaftierung ihres politischen Ziehvaters im vergangenen Jahr. Das jähe Ende der PT-Ära besiegelt das Ende eines Gesellschaftsprojekts, das von der Hoffnung auf gerechte Modernisierung getragen war.

    Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft beschränken sich aber mitnichten auf die Vertreter der Arbeiterpartei. Ebenso betroffen sind die sozialdemokratische PSDB (Partido da Social Democracia Brasileira) und die Bewegung für Demokratie (Partido Movimento Democrático Brasileiro, PMDB) einschließlich Staatspräsident Michel Temer und dem inzwischen zu 15 Jahren Haft verurteilten ehemaligen Parlamentspräsidenten Eduardo Cunha.

    Zudem durchlebt Brasilien seit dem Jahr 2015 die schwerste Wirtschaftskrise seiner Geschichte, die Arbeitslosenzahlen haben Rekordwerte erreicht. Die Volkswirtschaft schrumpfte in den beiden Folgejahren jeweils um knapp 4 Prozent. Regierung und Parlament zeigen sich unfähig, Beschäftigungsperspektiven für das Heer der Arbeitslosen zu entwickeln.

    Seit Jahrzehnten bestehen erhebliche Investitionsdefizite in den maroden Gesundheits- und Bildungssektoren. Die ausufernde Gewaltkriminalität sowie die zahlreichen Verflechtungen zwischen Politikern, Sicherheitsapparat und organisierter Kriminalität tun ihr Übriges. Die Brasilianer glauben nicht mehr an die gesellschaftliche Verantwortung ihrer etablierten Eliten.

    Brasilien, das nach einer Militärdiktatur erst im Jahr 1985 zur Demokratie zurückkehrte, verzeichnet traditionell niedrige Vertrauenswerte in politische Institutionen wie den Kongress, die politischen Parteien und den Präsidenten. Doch im Wahljahr 2018 ist das Vertrauen in die politischen Institutionen auf einem Tiefpunkt angelangt. Nach Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Latinobarómetro fällt Brasilien beim Vertrauen in die Demokratie inzwischen auch hinter alle Nachbarn in Lateinamerika zurück (CL 2018). Zuletzt zeigten sich nur noch 13 Prozent der Brasilianer mit ihrer Demokratie zufrieden (CL 2018: 13) und nur 11 Prozent der Bürger vertrauen ihrem Parlament, der zentralen Institution des politischen Systems. Dagegen vertrauen 50 Prozent der Bürger den brasilianischen Streitkräften. Nur die Kirchen erreichen mit 69 Prozent noch höhere Vertrauenswerte (CL 2018: 20-27).

    Die generelle Frage, ob die Demokratie überhaupt das beste Regierungssystem sei, beantworten mit 62 Prozent der Befragten rund 20 Prozent weniger mit Ja als während der Lula-Jahre (CL 2018: 15). Mit einem Satz: Die brasilianische Demokratie scheint nach weniger als 30 Jahren nicht stabiler als ein Kartenhaus.

    Wahlprogramme der Kandidaten

    Jair Bolsonaro macht sich diese fragile Konstellation geschickt zunutze. Mit den autoritären Werten des Militärs und christlich-traditionellen Glaubensvorstellungen beruft er sich just auf die letzten Vertrauensbastionen der brasilianischen Gesellschaft. Sein sperriges Leitmotiv „Brasilien über alles und Gott über alle“ scheint mehrheitsfähig.

    Mit einem rückwärtsgewandten Gesellschaftsbild gelingt Bolsonaro die Mobilisierung einer von der Politik seit Jahrzehnten vernachlässigten Wählergruppe. Er wendet sich an diejenigen, denen der gesellschaftliche Wandel der PT-Ära zu schnell ging. Nationalistische Traditionalisten, denen eine von gleichgeschlechtlicher Ehe und Political Correctness geprägte liberale Leitkultur die Zornesröte ins Gesicht steigen lässt.

    Gleichzeitig verbindet ihn sein paternalistischer Politikentwurf mit dem väterlichen PT-Idol Lula. Obwohl der Kontrast zwischen den Widersachern kaum größer sein könnte, speist sich beider Popularität nicht zuletzt aus dem Versprechen, das politische Ruder mit starker Hand zu übernehmen und den Brasilianern damit einen Großteil ihrer Eigenverantwortung abzunehmen.

    Bolsonaros einfache Lösungen für komplexe Probleme sind mit Zweifeln an der Demokratie und mit der Verherrlichung der Militärdiktatur gewürzt. Die populistischen Rezepte richten sich an all jene, die sich längst verächtlich von der konventionellen Politik abgewandt haben.

    Die extreme Personalisierung des brasilianischen Wahlkampfes kommt Bolsonaro ebenfalls zugute, denn der Rechtsaußen konnte kein starkes Parteienbündnis hinter sich vereinen. Trotz des Superwahljahres mit Senats- und Abgeordneten­hauswahlen spielen die politischen Parteien nur eine Nebenrolle.

    Im Zuge der medienwirksamen Aufarbeitung der nicht enden wollenden Korruptionsskandale halten nur 8 Prozent der Brasilianer die politischen Parteien des Landes für vertrauenswürdig. Auch bei diesem Wert steht Brasilien auf dem letzten Platz in Lateinamerika. Noch eher als an die Rechtschaffenheit der oft profillosen Parteien mögen große Teile der Wähler an einen politischen Heilsbringer glauben.

    Dabei trägt der Kandidat die vermeintliche Bestimmung zum Erlöser der Brasilianer bereits im zweiten Vornamen. Jair Messias Bolsonaro fiel bei einer Wahlkampfveranstaltung Anfang September im Bundesstaat Minas Gerais einer Messerattacke zum Opfer. Der Angreifer verletzte Bolsonaro mit einem Stich in den Unterleib schwer und erklärte nach seiner Festnahme, ebenfalls im Auftrag Gottes gehandelt zu haben.

    Das Attentat trieb die politische Polarisierung auf eine neue Eskalationsstufe. Gleichzeitig trug der tragische Vorfall zur religiös inspirierten Mythenbildung bei: Selbstaufopferung, um Brasilien aus dem teuflischen Griff korrupter Politiker zu befreien. Bereits bei den TV-Debatten fiel auf, dass fast alle Kandidaten die frommen Brasilianer mit christlichen Bezügen bis hin zu Bibelzitaten und Hallelujarufen für sich zu gewinnen versuchten. Der Säkularismus als zentrale Errungenschaft der Moderne scheint in Brasilien zumindest porös.

    Jair Bolsonaro legte nach der Messerattacke in den Umfragen noch einmal um einige Prozentpunkte zu und erreicht nun mit 28 Prozent mit Abstand die höchsten Zustimmungswerte für die erste Runde der Präsidentschaftswahlen am 7. Oktober. Nach acht Parteiwechseln in sieben Legislaturperioden tritt der Hardliner nun für die Sozialliberale Partei (Partido Social Liberal, PSL) an. Trotz seiner Vergangenheit als langjähriger Parlamentarier versteht es der Fallschirmjäger a.D., sich über die sozialen Medien geschickt als Antiestablishment-Kandidat in Stellung zu bringen. Damit trifft er den Nerv einer von seiner korrupten Politikerkaste zutiefst frustrierten Gesellschaft.

    Das Wirtschaftsprogramm Bolsonaros besteht aus den Schlagworten Deregulierung, Entbürokratisierung und Steuersenkungen. Dabei zieht der PSL-Kandidat Parallelen zur Wirtschaftspolitik des US-Präsidenten Donald Trump – frei nach dem Motto „von Trump lernen bedeutet siegen lernen“.

    Mit Detailfragen zu Wirtschaftsthemen mag sich Bolsonaro dagegen nicht befassen. Stattdessen bedient er sich gerne einer Fußball-Metapher: Als Präsident sieht er sich als Trainer des Landes, der die besten Minister als Spieler einsetzt. Der liberale Ökonom Paulo Guedes gilt als Schattenminister für ein Superministerium für Wirtschaft, Industrie und Finanzen.

    Mit seinem liberalen Wirtschaftsprogramm versucht Bolsonaro vor allem seinem Konkurrenten aus dem konservativen Lager das Wasser abzugraben. Dies trifft Geraldo Alckmin, Vorsitzender der wirtschaftsliberalen PSDB und zuletzt Gouverneur von São Paulo.

    Die traditionellen Wähler der PSDB verfügen über höhere Einkommen und stimmen für eine unternehmerfreundliche Wirtschaftspolitik und Entbürokratisierung. Alckmin wird gleichermaßen als kompetent und wenig charismatisch beschrieben – vor allem aber gilt er vielen Wählern als Repräsentant jener Eliten, die die Verantwortung für die politische und wirtschaftliche Krise des Landes tragen. In letzten Umfragen wurden ihm 7 Prozent der Stimmen zugeschrieben.

    Der moderate Präsidentschaftsanwärter Alckmin konnte zwar die größte, aus neun Parteien bestehende Wahlkampfkoalition hinter sich vereinen. Er verbündete sich dazu aber mit zum Teil nachweislich korrupten Vertretern des sogenannten „Centrão“, also dem großen Parteienblock des Mitte-Rechts Spektrums im Kongress, das den unpopulären Übergangspräsidenten Michel Temer stützt. Alckmin selbst wird illegale Wahlkampffinanzierung zur Last gelegt. Symptom für das Misstrauen der Brasilianer: 14 Prozent der Befragten gaben an, keinem der Kandidaten ihre Stimme zu geben.

    Grafik Prognose für die brasilianische Präsidentschaftswahl (in %)
    © Ibope 2018
    Abb. 1. Prognose für die brasilianische Präsidentschaftswahl (in %)

    Brasiliens ehemaliger Präsident Lula da Silva wurde erst Mitte September endgültig aus dem Präsidentschaftsrennen genommen. Bis zur Entscheidung des Obersten Wahlgerichtshofs hatte der trotz seiner Inhaftierung populäre Lula die Umfragen mit großem Vorsprung angeführt. Durch diese Konstellation ist der Wahlkampf zwischen den tatsächlichen Kandidaten ungewöhnlich kurz. Lulas Nachfolger als Kandidat der Arbeiterpartei ist Fernando Haddad.

    Lulas breite Stammwählerschaft im armen Nordosten Brasiliens und in den Favelas der Metropolen stehen bis heute loyal zu dem ehemaligen Gewerkschaftsführer. Diese politische Klientel fühlt sich nicht nur wegen ihrer wirtschaftlichen Besserstellung, die teils für das Ende des Hungerleidens steht, stark mit Lula und der PT verbunden. Lula hatte es vor allem vermocht, diesen Menschen das Gefühl zu geben, ein wichtiger Teil der Gesellschaft und der Lösung der sozialen Probleme zu sein. Etwas pathetischer: Als politische Vaterfigur gab Lula vielen Brasilianern ihre verloren geglaubte Würde zurück.

    Dieses enorme politische Kapital soll nun auf Fernando Haddad übertragen werden. Der ist als Intellektueller und Universitätsprofessor zwar ein völlig anderer Politikertyp als Lula und war in den nordöstlichen PT-Bastionen bis zuletzt weitgehend unbekannt. Trotzdem gelingt es Lula aus der Haft heraus, seine Anhänger für Haddad zu mobilisieren. Das strategische Kalkül der PT-Führung zielt darauf, die Aufmerksamkeit der Wähler während der entscheidenden Wahlkampfphase durch seine späte Benennung auf Haddad zu konzentrieren.

    Diese Rechnung scheint aufzugehen. Nach jüngsten Umfragen entschieden sich 19 Prozent der Wähler für den früheren Bürgermeister von São Paulo. Demnach wäre dem PT-Kandidaten der zweite Platz in der Stichwahl sicher. In Wirtschaftsfragen beschreibt sich Haddad als Pragmatiker und vermeidet Festlegungen auf ökonomische Theorieschulen. Festgelegt hat sich der Lula-Vertreter auf eine dringend notwendige Reform des oligopolistischen Bankensystems des Landes.

    Alternative Kandidaten aus dem Mitte-Links-Spektrum sind die ehemalige Umweltministerin Marina Silva vom Netzwerk Nachhaltigkeit (Rede Sustentabilidade, Rede) und Ciro Gomes von der Demokratischen Arbeiterpartei (Partido Democrático Trabalhista, PDT). Auch die bereits zum dritten Mal als Präsidentschaftskandidatin antretende Marina Silva wartet nicht mit einem alternativen Wirtschaftsprogramm auf. Mit ihrem marktfreundlichen Diskurs präsentiert sich die Evangelikale als weitere wählbare Option für diejenigen, die Staatsintervention so weit wie möglich zurückdrängen wollen. Marina Silvas zentrales Wahlkampfthema ist die konstruktive Verbindung von Umweltschutz und Wirtschaftswachstum, einschließlich der Agrarwirtschaft als Schlüsselsektor der brasilianischen Ökonomie. Ihre Zustimmungswerte fielen zuletzt auf 6 Prozent.

    Einzig Ciro Gomes, bereits Minister unter Ferando Henrique Cardoso und Lula da Silva, wirbt mit einem linken Wirtschaftsprogramm: Abschaffung der Obergrenze für Staatsausgaben, Zurückstutzen der liberalen Arbeitsrechts- und Rentenreformen und Rückverstaatlichung der privatisierten Teile des Petrobras-Konzerns.

    Kritische Beobachter zweifeln jedoch an der Umsetzung im Falle seiner Wahl. Schließlich hatte Gomes als Finanzminister unter Cardoso noch den Plano Real verantwortet. Insgesamt gehörte er während seiner 30-jährigen politischen Karriere sieben Parteien vom rechten bis zum linken politischen Spektrum an. Es wäre also denkbar, dass Gomes die von seinen Konkurrenten gelassene Lücke einer marktkritischen Position lediglich aus strategischen Gründen füllt.

    Ein populistisches Wahlsprechen des PDT-Kandidaten besteht darin, rund 63 Millionen Konsumenten von der Schuldnerliste der brasilianischen Kreditschutzgemeinschaft SPC (ähnlich der deutschen Schufa) zu streichen. Letzte Umfragen prognostizieren Ciro Gomes 11 Prozent der Stimmen.

    Während Jair Bolsonaro von einer absoluten Mehrheit im ersten Wahlgang weit entfernt ist, konnte sich Fernando Haddad von der Arbeiterpartei in den letzten Umfragen auf dem zweiten Platz konsolidieren. Allerdings gilt das politische Umfragewesen Brasiliens gemeinhin als unzuverlässig. Das liegt auch daran, dass bis zu einem Fünftel der Wähler ihre Entscheidung erst in der letzten Woche vor dem Wahltermin treffen oder noch einmal ändern. Die Ergebnisse der letzten Präsidentschaftswahlen lagen meilenweit von den Wahlprognosen entfernt.

    Immense Herausforderungen

    Im vergangenen Jahr nahm die brasilianische Wirtschaft bei niedriger Inflation, geringen Zinsen und steigendem Konsum erstmals wieder Fahrt auf. Zwar bleibt die Arbeitslosenrate mit 14 Prozent auf hohem Niveau, doch scheint die Talsohle der Rezession nach jüngsten Wachstumsprognosen des Internationalen Währungsfonds von rund 2 Prozent für die Jahre 2018 und 2019 endlich durchschritten.

    Übergangspräsident Temer hat in seiner 17-monatigen Amtszeit schmerzhafte Reformen auf den Weg gebracht. Zu der klassischen Austeritätspolitik zählen Privatisierungen, Entlassungen im Staatsdienst, die Begrenzung der Staatsausgaben und eine umstrittene Arbeitsmarktreform. Die auf mehr Wettbewerbsfähigkeit zielende Reform verlangt vor allem den Arbeitnehmern mehr Flexibilität ab und schränkt deren Rechte ein.

    Nicht durchgesetzt werden konnte dagegen die zur Konsolidierung der öffentlichen Ausgaben dringend nötige Rentenreform. Die Rentenversicherung macht den größten Anteil am Staatshaushalt aus. Die unpopuläre Rentenreform ist ein wichtiges Wahlkampfthema, bei dem sich die Kandidaten allerdings vielfach nicht auf die konkreten Einschnitte – etwa das neue Renteneintrittsalter – festlegen wollen, um die Wähler nicht zu verprellen.

    Sowohl die Arbeitsmarktreform als auch die anstehende Rentenreform gehen zulasten der mittleren und unteren Einkommensschichten. Die langsame wirtschaftliche Erholung kommt deshalb weder bei den potenziell von den Reformen betroffenen Bevölkerungsgruppen noch bei den Arbeitslosen noch bei den Beschäftigten im informellen Sektor (rund ein Drittel der Beschäftigten) an. Diese Bevölkerungsmehrheit ist anfällig für vermeintliche Heilsbringer, weil sie wirtschaftlich abgehängt ist und sich von der politischen Elite nicht vertreten sieht.

    Die soziale Ungleichheit bleibt das zentrale strukturelle Problem der brasilianischen Gesellschaft. Brasilien liegt im globalen Vergleich auf dem zehnten Rang der Länder mit der höchsten Einkommenskonzentration. Andere Formen der Ungleichheit betreffen die systematische Benachteiligung von Frauen und Schwarzen. So spiegeln auch die Gewaltstatistiken und Mordraten die ausgeprägte Geschlechter- und Rassendiskriminierung wider. Arme, Frauen und Schwarze sind auch beim Zugang zum Justiz-, Bildungs- und Gesundheitssektor strukturell benachteiligt.

    Vor allem Marina Silva und die Arbeiterpartei stellen diese sozialen Abgründe glaubwürdig ins Zentrum ihres politischen Programms. Auf der anderen Seite des politischen Spektrums hat Jair Bolsonaro mit frauenfeindlichen, homophoben und rassistischen Äußerungen auf sich aufmerksam gemacht. Von ihm sind keine Lösungen für diese die Gesellschaft spaltenden und das Wachstum hemmenden Verwerfungen zu erwarten.

    Zu den immensen strukturellen Problemen zählt auch die lähmende Bürokratie: Brasilien liegt im Weltbankranking zur Einfachheit einer Geschäftsgründung auf Platz 116. Insgesamt stehen mangelnde Investitionen in Infrastruktur, Gesundheit und Bildung einer hohen Abgabenlast gegenüber. Dieses Missverhältnis weist auf das über allen anderen Herausforderungen schwebende Problem hin: der fehlenden Verpflichtung der politischen Eliten auf das Gemeinwohl.

    Politik wird vielfach eher als Geschäft denn als gesellschaftliche Aufgabe verstanden. In den vergangenen 20 Jahren sind mehr als 1.000 Gouverneure, Abgeordnete, Senatoren und Bürgermeister der Korruption überführt worden. Gegen 60 Prozent der Mitglieder des Senats laufen derzeit Gerichtsverfahren. Angesichts der naturgemäß hohen Dunkelziffer lässt sich das wahre Ausmaß der politischen Korruption in Brasilien nur erahnen.

    Die ausufernde Korruption ist Symptom für einen maroden Staatsapparat. Per Griff in die prall gefüllten Taschen des halbstaatlichen Petrobras-Konzerns wurden die Wahlkampfkassen ebenso wie zahlreiche Privatkonten schamlos aufgefüllt. Der unter der Arbeiterpartei als Monatszahlung systematisierte Stimmenkauf im Kongress (Mensalão) offenbart die Dysfunktionalität des Koalitionspräsidentialismus (Chaisty, Cheeseman und Power 2014).

    Die letzten Präsidenten regierten mit Koalitionen zwischen 10 und 20 Parteien mit unterschiedlichsten Interessenlagen, deren Motive nicht selten auf der Ebene der 26 Bundesstaaten lagen. Im Kongress waren in den letzten Jahren bis zu 30 Parteien vertreten. Dies legt nahe, dass das Schmieden von Kongressmehrheiten noch anderer Anreize bedarf als inhaltlicher Argumente. Diese intransparenten Verhandlungen sind ein Biotop für politische Geschäftemacher.

    Die juristische Aufarbeitung der Petrobras- und Mensalão-Skandale zeigt, dass die brasilianische Justiz in den letzten Jahren unabhängiger geworden ist. Angesichts korrupter politischer Eliten übernahm die Judikative eine entscheidende Rolle in der politischen Krise. Demokratietheoretisch ist die Verrechtlichung der Politik durchaus problematisch, weil Richter weder von Bürgern gewählt noch demokratisch kontrolliert werden. Diese Tendenz kommt etwa im Urteil des Obersten Bundesgerichts zur Abschaffung der privaten Wahlkampffinanzierung zum Ausdruck.

    Darüber hinaus zeichnet sich in Brasilien eine zunehmende Politisierung der Judikative ab. Die Gerichte übernehmen eine Rolle als moralische Schiedsrichter, die zuletzt darin gipfelte, den in Umfragen führenden Präsidentschaftskandidaten Lula da Silva von der Wahl auszuschließen. Diese in der Verfassung nicht vorgesehene Funktion ist Folge der Legitimationskrisen der ausführenden und gesetzgebenden Gewalten.

    Kritische Beobachter sehen in der Politisierung der Justiz ein systemisches Problem und prangern zurecht die Instrumentalisierung der Judikative zur Bekämpfung politischer Gegner an. Ein Vorwurf lautet dabei, dass die Korruption linker und konservativer Politiker teilweise mit unterschiedlichem Maß gemessen wird. Pragmatiker weisen darauf hin, dass angesichts eines dysfunktionalen Systems nur die machtvolle Gerichtsbarkeit Brasiliens Abstieg vom weltpolitischen Akteur zur Bananenrepublik verhindert hat. In Brasilien ist eine grundlegende Reform des politischen Systems schon lange überfällig. Allein um die Grauzone im Verhältnis zwischen Regierung und Parteien im Zuge des Koalitionspräsidentialismus zu beseitigen, bedürfte es einer Reform des Parteiensystems, des bestehenden föderalen Systems und schließlich der brasilianischen Verfassung. Ein zielführender erster Schritt wäre die Einführung einer Sperrklausel, um der Zersplitterung des Parlaments entgegenzuwirken. Doch diese politischen Reformen werden im Wahlkampf gar nicht ernsthaft debattiert.

    Wahlkampf: TV vs. soziale Netzwerke

    Bisher scheint Bolsonaros Strategie aufzugehen. Wenn man von Lula absieht, der nicht zur Wahl antreten darf, führt Bolsonaro mit konfortablem Vorsprung vor allen anderen Kandidaten. Anders als Donald Trump genießt er auch großen Rückhalt in der gebildeten, aber von der politischen Klasse tief enttäuschten Mittelschicht. Geografisch konzentriert sich seine Wählerschaft in den kleinen und mittelgroßen Städten des brasilianischen Hinterlandes.

    Das Kernland des von seinen Anhängern als „Bolsomito“ (etwa: Mythos Bolsonaro) verehrten Populisten liegt im florierenden Landwirtschaftsgürtel, der sich vom Süden in den mittleren Westen des Flächenstaates erstreckt. Bolsonaro punktet also nicht nur bei den sogenannten Globalisierungsverlierern.

    Seine sachlich richtige Kritik am Widerspruch zwischen hoher Steuerquote und mangelnder Bereitstellung öffentlicher Güter richtet sich auch an konservative ländliche Eliten. Großgrundbesitzer und das weltweit führende Agrarbusiness profitieren seit vielen Jahren vom boomenden Agrar- und Rohstoffexport. Diese Einkommenseliten fordern Steuererleichterungen, weil sie ihre Abgaben im politischen Sumpf versickern sehen.

    Die wirtschaftlichen Möglichkeiten der Wahlkampagne des Ultrarechten sind limitiert. Nach den Skandalen um illegale Finanzierung bei den letzten Wahlen wurden private Spenden und die Unterstützung durch Unternehmen vom Obersten Bundesgericht verboten.

    Dafür erhalten Parteien öffentliche Gelder gemessen an ihrer Sitzzahl im Kongress. Alckmins PSDB bekommt rund 10 Prozent aller Gelder, Bolsonaros PSL nur etwa 0,5 Prozent. Auf seinen Wahlkampfreisen übernachtet der PSL-Kandidat medienwirksam bei seinen Anhängern. Bolsonaro setzt darauf, dass ein spartanischer Wahlkampf sein Image als Politaußenseiter stärkt.

    Ein anderer Nachteil Bolsonaros besteht darin, dass auch die TV-Wahlwerbung an die Stimmanteile der Parteien gekoppelt ist. Seine schwache Parteibasis weist ihm nur neun Sekunden Werbezeit pro Werbeblock zu. Geraldo Alckmin konnte die breiteste Parteienkoalition schmieden, sodass ihm fünfeinhalb Minuten pro Werbeblock und damit 44 Prozent der gesamten TV-Zeit zufallen (Haddad 2,20 Min., Gomes 37 Sek., Silva 22 Sek.). Fehlende Fairness und Chancengleichheit liefern dem Populisten noch mehr Munition, um gegen die Demokratie zu schießen.

    Folglich konzentriert Bolsonaro, wie auch Marina Silva, seine Kampagne auf die sozialen Netzwerke. Es ist der erste Wahlkampf in Brasilien, in dem Twitter, Facebook und Whatsapp eine tragende Rolle neben dem Fernsehen spielen. Wie sich diese Verschiebung bei den 140 Millionen Wählern mit überwiegend niedrigem Ausbildungsstand auswirkt, ist in hohem Maße ungewiss.

    Mit 5,9 Millionen Facebook-Fans verfügt der Rechtspopulist Bolsonaro bei Weitem über die meisten virtuellen Anhänger (Lula 3,8 Mio.; Marina Silva 2,3 Mio.; Alckmin 950.000; Haddad 420.000; Ciro Gomes 380.000). Außerdem hat er große Erfahrung in der politischen Nutzung sozialer Medien. Seine Internetvideos mit politischer Hetze gegen Schwarze, Schwule und andere Minderheiten sind Hits.

    Weiblicher Gegenwind

    Die polemische und aggressive Rhetorik hat aber auch eine Kehrseite, weil sie große Bevölkerungsgruppen gegen Bolsonaro aufbringt. Gerade bei Frauen und in der LGBT-Community sind die Ablehnungsquoten des Rechtsaußen sehr hoch. Mangelnder Zuspruch dieser Wählergruppen könnte Bolsonaro insbesondere im zweiten Wahlgang den Sieg kosten. Unter Bedingungen der Wahlpflicht wie in Brasilien können die Ablehnungsquoten der Kandidaten bei der Stichwahl wichtiger sein als die Zustimmungsquoten.

    Zwar bemüht sich der radikale Politiker im Endspurt des Wahlkampfes sichtlich um Mäßigung und versucht vor allem den Eindruck der Frauenfeindlichkeit zu zerstreuen. Einige seiner Ausfälle aber sind gleichermaßen unvergesslich wie unverzeihlich. So attestierte er der PT-Abgeordneten Maria do Rosario vor laufenden Kameras so hässlich zu sein, dass sie eine Vergewaltigung gar nicht verdiene. Während der ausgemachte Chauvinist zuletzt 42 Prozent der männlichen Stimmen auf sich zog, wollten nur 25 Prozent der wahlberechtigten Frauen für ihn stimmen.

    Auch die Verherrlichung der Militärdiktatur bringt dem ehemaligen Armeehauptmann viel Widerstand ein. Bei der Bekanntgabe seines Vizepräsidentschaftskandidaten, dem Heeresgeneral a.D. Mourão, stellte Bolsonaro in Aussicht, dass die Generäle durch eine demokratische Wahl an die Macht zurückkehrten. Auch im Bildungssektor schlägt Bolsonaro eine tragende Rolle für die Streitkräfte vor: Militärschulen sollen jungen Brasilianern wieder Werte wie Ordnung und Disziplin vermitteln.

    Zunächst absurd erscheinende Vorstellungen wie die Bewaffnung der Zivilbevölkerung als politisches Konzept gegen Gewaltkriminalität komplettieren das Schreckensbild der Militarisierung Brasiliens. Dass eine derart radikale Law-and-Order-Rethorik überhaupt verfängt, ist nur vor dem Hintergrund eskalierender Gewalt zu erklären, die teils vom Sicherheitsapparat und korrupten Politikern gedeckt oder sogar selbst ausgeübt wird.

    Ein anderes Hindernis auf dem Weg zur Präsidentschaft besteht darin, dass vielen Wählern Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Kandidaten aufgehen könnten. Denn anders als das Bild des Außenseiters suggeriert, ist Bolsonaro seit dem Jahr 1991 Kongressabgeordneter. Dabei war die Mehrzahl der Gesetzesvorlagen des ehemaligen Militärs den Interessen pensionierter und aktiver Soldaten gewidmet.

    Obwohl Bolsonaros Wirtschaftsberater nun eine Rentenreform und die Privatisierung von halbstaatlichen Unternehmen wie Petrobras und Banco do Brasil fordern, ist Bolsonaros politische Vergangenheit wenig marktfreundlich. Seine staatsinterventionistischen Initiativen zielten zumeist auf die Besserstellung bestimmter Lobby-Gruppen, die zu seiner Klientel zählten: etwa Steuerbefreiungen spezifischer Wirtschaftssektoren und spezifische Verbraucherschutzgesetze. Letztlich bleibt unsicher, ob von einer Regierung unter Bolsonaro eine eher interventionistische oder marktliberale Wirtschaftspolitik zu erwarten wäre.

    Fazit

    Der Rechtspopulist Jair Messias Bolsonaro (PSL) hat sehr gute Aussichten, es in die Stichwahl der brasilianischen Präsidentschaftswahlen am 28. Oktober zu schaffen. Sein Gegner könnte der Lula-Vertreter Fernando Haddad (PT) werden. Neben Haddad konkurrieren mit Marina Silva (Rede) und Ciro Gomes (PDT) zwei weitere Kandidaten aus dem Mitte-Links Lager und der konservative Geraldo Alckmin (PSDB) um den zweiten Platz im ersten Wahlgang.

    Es könnte Bolsonaro ergehen wie Marine Le Pen in Frankreich. Der radikale Politikentwurf des Front National hatte das moderate Lager veranlasst, sich vor dem zweiten Wahlgang hinter einem gemeinsamen Kandidaten zu vereinen. Insbesondere die hohe Ablehnungsquote bei den Brasilianerinnen könnte Bolsonaro bei der Stichwahl zum Verhängnis werden.

    Oder es gelingt ihm, es Donald Trump gleichzutun, der die Wahl trotz (oder wegen) der Herabsetzung von Frauen und Minderheiten gewann. Schließlich war auch der Nationalpopulismus des vorgeblichen Antiestablishment-Kandidaten Trump lange belächelt und unterschätzt worden. Für dieses Szenario spricht die These, dass sich in Umfragen viele potenzielle Wähler wegen Bolsonaros radikalem Image nicht zu ihm bekennen.

    Sollte Bolsonaro tatsächlich als Sieger aus den Präsidentschaftswahlen hervorgehen, ist fraglich, wie er mit einer Partei regieren würde, die derzeit gerade 8 von 513 Parlamentssitzen hält. Die Regierungsbildung in einem aus 30 Parteien bestehenden Kongress ist bereits mit einem starken Wahlbündnis eine große Herausforderung.

    Der reformbedürftige und korruptionsanfällige Koalitionspräsidentialimsus kam aber im Wahlkampf kaum zur Sprache. Gleiches gilt für nuancierte Lösungsentwürfe jenseits simpler Schemata wie Rechts gegen Links und Staatsintervention gegen Wirtschaftsliberalismus. Neue, differenzierte Konzepte sind angesichts der komplexen Gemengelage in Brasilien überfällig.

    Die unterschiedlichen Krisenursachen bedürfen teils widersprüchlicher Lösungsansätze. Während wirtschaftsliberale Ansätze gegen Korruption, Nepotismus und ausufernde Bürokratie wirken können, bedarf die hohe Einkommenskonzen­tration und Diskriminierung ganzer Bevölkerungsgruppen beim Zugang zu Bildung, Gesundheit und öffentlicher Sicherheit dringend der staatlichen Steuerung.

    Zweifelhaft ist, ob Bolsonaro den anstehenden Aufgaben gewachsen ist. Schließlich bedarf es neben dringend notwendiger System- und Sektorreformen auch des Schaffens von Wachstum und neuem Vertrauen in die Politik.

    Brasilien bräuchte einen tiefen Elitenwandel und eine neue demokratische Kultur, in der kleptokratische Selbstbereicherung durch die Verpflichtung gegenüber dem Gemeinwohl ersetzt wird. Stattdessen ist es Jair Messias Bolsonaro bereits jetzt gelungen, rechtsextreme Positionen und Autoritarismus in Brasilien wieder salonfähig zu machen.


    Fußnoten


      Literatur

      • Chaisty, Paul, Nic Cheeseman und Timothy Power (2014), Rethinking the “Presidentialism Debate”: Conceptualizing Coalitional Politics in Cross-Regional Perspective, in: Democratization, 21, 1, 72–94.

      • CL (Corporación Latinobarómetro) (2018), Informe 2017, Capítulo 2: La Democracia en América Latina: la confianza y la confianza interpersonal, 19-20, www.latinobarometro.org/LATDocs/F00006433-InfLatinobarometro2017.pdf (20. September 2018).

      • Destradi, Sandra, Detlef Nolte und Miriam Prys-Hansen (2018), Regionalmächte spielen immer noch eine Rolle, GIGA Focus Global, 2, Mai, www.giga-hamburg.de/de/publikationen/11576527-regional-powers-still-matter/ (20 September 2018).

      • IBOPE (Instituto Brasileiro de Opinião Pública e Estatística) (2018), Pesquisa para Presidente, 18. September/ (20. September 2018).

      Lektorat GIGA Focus Lateinamerika

      Petra Brandt

      Editorial Management


      Wie man diesen Artikel zitiert

      Flemes, Daniel (2018), Wahl in Brasilien: Rechtspopulismus auf dem Vormarsch, GIGA Focus Lateinamerika, 5, Hamburg: German Institute for Global and Area Studies (GIGA), http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-59176-2


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      Dr. Daniel Flemes

      Dr. Daniel Flemes

      Ehemals GIGA-Teammitglied



      GIGA Focus Lateinamerika | 2/2016

      Die Talfahrt einer aufstrebenden Macht: Brasiliens Krise und globale Präsenz

      Prof. Dr. Kai Michael Kenkel

      Associate

      GIGA Focus Lateinamerika | 5/2019

      Bolsonaros Außenpolitik: Gegen Multilateralismus, für Klimawandel

      Seit dem Amtsantritt Bolsonaros im Januar 2019 stehen sich Brasilien und Deutschland in den Bereichen Klimawandel, Migration und Menschenrechtspolitik gegenüber. Die Autoren dieses GIGA Focus analysieren die brasilianisch-deutschen Beziehungen, die seit der brasilianischen Militärdiktatur nie distanzierter waren.

      Dr. Daniel Flemes

      Ehemals GIGA-Teammitglied

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