GIGA Focus Lateinamerika
Nummer 5 | 2008 | ISSN: 1862-3573
Am 16. und 17. Mai 2008 wird in Lima (Peru) der V. EU-Lateinamerika-Gipfel stattfinden. Eine Woche nach dem Gipfeltreffen mit der EU soll am 23. Mai in Brasília das mehrfach verschobene Gipfeltreffen der südamerikanischen Präsidenten abgehalten werden, auf dem u.a. die Gründungsakte für die ein Jahr zuvor ins Lebens gerufenen Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR) verabschiedet und über die Schaffung eines südamerikanischen Verteidigungsrates entschieden werden soll. Wie einig tritt Lateinamerika vor dem Gipfeltreffen der EU gegenüber? Welche Kooperationshemmnisse gibt es auf lateinamerikanischer Seite?
Analyse Trotz günstiger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen präsentiert sich Lateinamerika vor dem Gipfeltreffen mit der EU uneins und zerstritten. Noch im März hatte Venezuela Truppen an die Grenze zu Kolumbien entsandt. Ecuador, Venezuela und Nicaragua brachen kurzzeitig die diplomatischen Beziehungen zu Kolumbien ab. Und die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) wie auch die Rio-Gruppe mussten nach dem kolumbianischen Angriff auf einen Guerilla-Stützpunkt der Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia (FARC) auf ecuadorianischem Gebiet vermittelnd eingreifen. Daneben gibt es aber auch Bestrebungen, neue politische Kooperationsstrukturen in Lateinamerika aufzubauen, wodurch sich einerseits das Spektrum der möglichen Kooperationspartner für die EU in Lateinamerika erweitert, sich aber andererseits die Kooperation schwieriger gestaltet.
Lateinamerika ist wirtschaftlich erstarkt und profitiert vom Nachfrageboom nach Rohstoffen und Agrarprodukten, außenpolitisch haben die lateinamerikanischen Regierungen an Handlungsspielraum gewonnen.
Demgegenüber stagnieren die wirtschaftlichen Integrationsprozesse in der Region, Kooperationspotenziale werden nicht ausgeschöpft. Zugleich ist es zu einer (Re-)Ideologisierung der Außenpolitik und einem Anstieg des zwischenstaatlichen Konfliktpotenzials gekommen.
Parallel dazu sind neue, politisch ausgerichtete Kooperationsstrukturen entstanden, wie die UNASUR oder die Alternativa Bolivariana para las Américas (ALBA), die eine geringe Verbindlichkeit für die beteiligten Länder aufweisen und deren Zukunftsperspektiven ungewiss sind.
Für die EU ist es schwierig, die richtige Mischung zwischen der Pflege der strategischen Partnerschaften mit einzelnen Schlüsselländern (vor allem mit Brasilien), der Fortführung der Verhandlungen mit den stagnierenden Integrationsbündnissen und dem möglichen Aufbau von Beziehungen zu den neuen Kooperationsstrukturen in Lateinamerika zu finden.
Nolte, Detlef, und Christina Stolte (2008), Lateinamerika: wirtschaftlich erstarkt – politisch uneins, GIGA Focus Lateinamerika, 5, Hamburg: German Institute for Global and Area Studies (GIGA), http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-276168
Der GIGA Focus ist eine Open-Access-Publikation. Sie kann kostenfrei im Internet gelesen und heruntergeladen werden unter www.giga-hamburg.de/de/publikationen/giga-focus und darf gemäß den Bedingungen der Creative-Commons-Lizenz Attribution-No Derivative Works 3.0 frei vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden. Dies umfasst insbesondere: korrekte Angabe der Erstveröffentlichung als GIGA Focus, keine Bearbeitung oder Kürzung.
Das German Institute for Global and Area Studies (GIGA) – Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien in Hamburg gibt Focus-Reihen zu Afrika, Asien, Lateinamerika, Nahost und zu globalen Fragen heraus. Der GIGA Focus wird vom GIGA redaktionell gestaltet. Die vertretenen Auffassungen stellen die der Autorinnen und Autoren und nicht unbedingt die des Instituts dar. Die Verfassenden sind für den Inhalt ihrer Beiträge verantwortlich. Irrtümer und Auslassungen bleiben vorbehalten. Das GIGA und die Autorinnen und Autoren haften nicht für Richtigkeit und Vollständigkeit oder für Konsequenzen, die sich aus der Nutzung der bereitgestellten Informationen ergeben.