GIGA Focus Lateinamerika
Nummer 12 | 2012 | ISSN: 1862-3573
Der Oberste Bundesgerichtshof Brasiliens hat zwischen August und November 2012 insgesamt 25 Politiker und Wirtschaftsführer wegen Korruption und anderen kriminellen Machenschaften zu teils drastischen Gefängnisstrafen und Geldbußen verurteilt. Das Urteil gilt als eine historische Zäsur mit weitreichenden Folgen für Brasiliens Demokratie.
Analyse Monatliche Zahlungen (mensalão) an Abgeordnete sicherten Expräsident Luis Ignacio Lula da Silva am Beginn seiner ersten Amtszeit (2003-2005) die notwendigen parlamentarischen Mehrheiten. Dies mag moralisch verwerflich sein, erklärt sich aber aus der großen Fragmentierung des brasilianischen Parlaments. Obwohl der Präsident in der Verfassung mit einer großen Machtfülle ausgestattet ist, muss er sich im Alltag für die Umsetzung seiner Agenda durch einen dauernden Balanceakt Mehrheiten sichern und eine Vielzahl unterschiedlicher Interessen ausgleichen.
Die Aufarbeitung des Mensalão-Skandals und die hier zutage getretene Unabhängigkeit des Obersten Bundesgerichtshofes sind ein Beweis für die fortschreitende Konsolidierung der brasilianischen Demokratie.
Weder die Regierungspartei Partido dos Trabalhadores (PT) noch der ehemalige Präsident Lula da Silva hatten Einfluss auf die Entscheidungen der Obersten Bundesrichter.
Zumindest bisher hat der Skandal das Ansehen des ehemaligen Präsidenten selbst nicht in Mitleidenschaft gezogen. Er gilt nicht zuletzt wegen seiner beispiellosen Sozial- und Armutsbekämpfungspolitik als einer der erfolgreichsten und beliebtesten Präsidenten in der Geschichte Brasiliens.
Ungeklärt bleibt, inwieweit Lula da Silva selbst in den Skandal eingeweiht war.
Fraundorfer, Markus, und Mariana Llanos (2012), Der Mensalão-Korruptionsskandal mit weitreichenden Folgen für Brasiliens Demokratie, GIGA Focus Lateinamerika, 12, Hamburg: German Institute for Global and Area Studies (GIGA), http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-458411
Der GIGA Focus ist eine Open-Access-Publikation. Sie kann kostenfrei im Internet gelesen und heruntergeladen werden unter www.giga-hamburg.de/de/publikationen/giga-focus und darf gemäß den Bedingungen der Creative-Commons-Lizenz Attribution-No Derivative Works 3.0 frei vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden. Dies umfasst insbesondere: korrekte Angabe der Erstveröffentlichung als GIGA Focus, keine Bearbeitung oder Kürzung.
Das German Institute for Global and Area Studies (GIGA) – Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien in Hamburg gibt Focus-Reihen zu Afrika, Asien, Lateinamerika, Nahost und zu globalen Fragen heraus. Der GIGA Focus wird vom GIGA redaktionell gestaltet. Die vertretenen Auffassungen stellen die der Autorinnen und Autoren und nicht unbedingt die des Instituts dar. Die Verfassenden sind für den Inhalt ihrer Beiträge verantwortlich. Irrtümer und Auslassungen bleiben vorbehalten. Das GIGA und die Autorinnen und Autoren haften nicht für Richtigkeit und Vollständigkeit oder für Konsequenzen, die sich aus der Nutzung der bereitgestellten Informationen ergeben.