Kooperationsveranstaltung
Protestzyklen im Nahen Osten und in Nordafrika im Kontext
14.04.2021 - 01.07.2021
Vor einem Jahrzehnt gerieten die autoritären Verhältnisse in vielen Staaten Nordafrikas und des Nahen Ostens ins Tanzen. Zusammen mit der Grünen Bewegung in Iran (2009) und den Gezi-Protesten in der Türkei (2013) schien der Arabische Frühling im Jahr 2011 und danach Teil eines regionalen Protestzyklus zu sein. Zehn Jahre später scheint von all dem wenig geblieben zu sein, und die Erinnerung an die Aufstände wird von anderen Ereignissen überlagert.
In diesem Semester wollen wir einen Rückblick auf die Ereignisse des Arabischen Frühlings in einem regionalen wie internationalen Kontext werfen. Welche Faktoren haben zu ihrem Entstehen beigetragen? Was haben die Proteste gebracht? Warum sind sie weitgehend gescheitert? In welchem Verhältnis stehen die Aufstände von 2011 mit heutigen Protestbewegungen in Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens?
Diese Ringvorlesung wird gemeinsam von der Universität Hamburg, dem German Institute for Global and Area Studies (GIGA) / Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien, der Heinrich-Böll-Stiftung Hamburg e.V. und der Academy in Exile, FU Berlin ausgerichtet.
Donnerstags, 18:15 Uhr-19:45 Uhr (CET) | Zoom
15.04.2021 Hintergründe, Charakter und Auswirkungen der Aufstände von 2011 – ein verlorenes Jahrzehnt?
Vor einem Jahrzehnt gerieten die autoritären Verhältnisse in vielen Staaten Nordafrikas und des Nahen Ostens ins Tanzen. Zusammen mit der Grünen Bewegung im Iran (2009) und den Gezi-Protesten in der Türkei (2013) schien der Arabische Frühling Teil eines regionalen Protestzyklus zu sein. Heute ist von all dem wenig übrig. Angesichts autoritären Rollbacks, Staatszerfall und Bürgerkrieg bleibt wenig Anlass für Hoffnung auf bessere Zeiten im Nahen und Mittleren Osten. Das Aufeinandertreffen widerstreitender geo-strategischer Interessen in der Region erschwert die Lage zusätzlich. Doch die Ursachen der Aufstände bestehen weiterhin, und die Erinnerung an einmal gewonnene Freiheit hat sich ins Gedächtnis einer Generation eingebrannt. In Ländern wie Irak, Sudan und Algerien scheinen sich die Aufstände von 2011 in veränderter Form zu wiederholen. Zur Eröffnung dieser Ringvorlesung werfen wir einen Blick zurück und fragen nach Hintergründen und Auswirkungen der Protestdynamiken des Arabischen Frühlings. Referent:innen: Dr. Irene Weipert-Fenner, Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, Frankfurt / Dr. Bente Scheller, Referatsleitung Naher und Mittlerer Osten, Heinrich-Böll Stiftung Berlin Moderation: Dr. André Bank, GIGA Institut für Nahost-Studien, Hamburg
22.04.2021 Democratisation, Counterrevolution, War: Tunesia, Egypt, Syria
The Arab uprisings of 2011 unfolded along three principal tracks: After initial success, the Egyptian revolution was soon coopted by Islamists, before the old elites reasserted their power and re-established authoritarian rule. What options do people have in this dictatorship 2.0? The Syrian dictator Assad did everything to crush a civil uprising with violent means. The country descended into civil war und became a theatre for regional and international power struggles. What hope remains for Syria? Only in Tunisia people managed to channel the revolutionary energy of 2011 into a political transformation process. But is the only Arab democracy not merely a wishful projection of the West, whose actions simultaneously risk to destabilize the country?
Speakers: Dr. Mahmoud Al-Zayed, Academy in Exile, Freie Universität Berlin / Dr. Heike Löschmann, Head of Tunis Office, Heinrich Böll Foundation / Prof. Dr. Cilja Harders, Freie Universität Berlin Chair: Dr. Christiane Fröhlich, GIGA Institute for Middle East Studies, Hamburg
29.04.2021 Saudi Arabia & the United Arab Emirates: Spearheads of the Counterrevolution?
The Arab Spring uprisings were shaped by large popular protest movements , but they were immediately confronted with strong counterrevolutionary tendencies. Are the resource-rich Gulf monarchies of Saudi Arabia and the United Arab Emirates (UAE) the leaders of the counterrevolution? Or is their role in regional politics more ambivalent, as their anti-regime interventions in Libya and Syria would suggest? What are the future prospects for Saudi Arabia and the UAE at the eve of a new generation of leaders like Muhammad bin Salman and Muhammad bin Zayed?
Speakers: Dr. Thomas Richter, GIGA Institute for Middle East Studies / Dr. Jane Kinninmont, Director of Impact, The European Leadership Network Chair: Prof. Dr. Amal El-Obeidi, Academy in Exile, Freie Universität Berlin
06.05.2021 Jordanien und Marokko: Im Windschatten der Proteste
Jordanien und Marokko segelten vermeintlich im Windschatten der größeren Proteste in ihren Nachbarländern im Nahen Osten und in Nordafrika. In beiden Ländern jedoch standen die langlebigen autoritären Monarchien in den Jahren nach 2011 massiven Herausforderungen gegenüber. Diese Veranstaltung richtet den Blick auf die immense Protestdynamik in zwei Ländern, die in Europa oft als Vorreiter politischer und sozioökonomischer Reformen in der Region wahrgenommen werden.
Referent:innen: Dr. Anja Hoffmann, Heinrich-Böll-Stiftung Berlin / Kenza Rady, marokkanische Aktivistin, Berlin / Dr. Sara Ababneh, Center for Strategic Studies, University of Jordan, Amman Moderation: Dr. André Bank, GIGA Institut für Nahost-Studien, Hamburg
20.05.2021 Jemen: Der vergessene Krieg
In Jemen kam es 2011 zu Massenprotesten, in deren Folge der langjährige, autoritär herrschende Präsident Ali Abdallah Saleh zurücktreten musste. Der “jemenitische Frühling” fand statt vor dem Hintergrund schwerer Konflikte (Huthi-Rebellion im Norden, Sezessionsbewegung im Süden); diese konnten auch in der darauffolgenden Umbruchphase nicht geregelt werden und mündeten 2014 in den Bürgerkrieg. In diesem in Europa fast vergessenen Krieg haben seit 2015 auch Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate massiv interveniert. Wie ist die Lage in verschiedenen Landesteilen ein Jahrzehnt nach Beginn des Arabischen Frühlings? Was sind Jemens Zukunftsaussichten?
Referent:innen: Dr. Jens Heibach, GIGA Institut für Nahost-Studien / Dr. Anne-Linda Amira Augustin, Beraterin, Büro der Außenbeziehungen des Übergangsrates Südarabiens in Europa, Berlin Moderation: Dr. Marie-Christine Heinze, CARPO - Center for Applied Research in Partnership with the Orient, Bonn
27.05.2021 Türkei: Demokratie vs. Autokratie
2023 jährt sich die Gründung der modernen Türkei zum hundertsten Mal. Knapp 20 Jahre davon hat der derzeitige Präsident Recep Tayyip Erdoğan ihre Geschicke maßgeblich mitbestimmt – in unterschiedlichen Funktionen, seit 2014 als 12 Präsident der Republik. Unter seinem Einfluss entwickelte sich die Türkei zunehmend zu einem autoritären Staat, in dem Presse- und Meinungsfreiheit, Menschen- und Freiheitsrechte immer stärker eingeschränkt werden. Die Opposition ist stark bedrängt, besonders seit den sog. Gezi-Protesten von 2013, die sich an der Bebauung des vergleichsweise kleinen Parks im Zentrum Istanbuls entzündeten und weltweit für Aufsehen sorgten. Einen weiteren Wendepunkt markiert der Putsch von 2016, in dessen Folge die zivilgesellschaftliche Opposition weiter unter Druck geriet. Verhaftungs- und Kündigungswellen, Schauprozesse und staatliche Medienmonopole führten in der Folge zu massenhaften Auswanderungen – auch und besonders nach Deutschland. Diese Veranstaltung richtet den Blick auf shrinking spaces in der Türkei, die Situation von Wissenschaftler:innen und die Perspektiven der aktuellen politischen Proteste.
Referent:innen: Claudia Roth, Bundestagsvizepräsidentin, Sprecherin für Auswärtige Kulturpolitik Bündnis 90/Die Grünen / Prof. Dr. Burak Çopur, IU Internationale Hochschule, Essen / Universität Duisburg-Essen Moderation: Dr. Roy Karadag, Institut für Interkulturelle und Internationale Studien, Universität Bremen
03.06.2021 Iran: Protests and Future Perspectives
A new president will be elected in Iran in June 2021. The country has seen periodic unrest ever since the mass protests of 2009, in particular in 2017/18, when tens of thousands took to the streets in protest against economic crisis and political stagnation. Current protests are largely staged online and in exile, particularly focusing on executions of political prisoners. Regarding foreign policy, the Iranian government is under pressure due to US sanctions and geo-strategic rivalries in the region. Iranian society is rife with tensions, but the outcome of power struggles between conservatives and reformists remains unclear. What are the chances for political change in Iran?
Speakers: Dr. Azadeh Zamirirad, German Institute for International and Security Affairs (SWP), Berlin / Dr. Ahmad Moradi, Academy in Exile, Freie Universität Berlin Chair: Dr. Sara Bazoobandi, GIGA Institute for Middle East Studies, Hamburg
10.06.2021 Israel: ein ganz anderer Protest?
Auch wenn Demonstrant:innen in Tel Aviv während der zeitgleich zu den Aufständen des Arabischen Frühlings anschwellenden israelischen Sozialproteste den Slogan “Walk like an Egyptian” verbreiteten, bestand kein direkter Zusammenhang zwischen beiden Bewegungen. Gibt es eine größere inhaltliche Nähe zwischen heutigen Protestbewegungen gegen Korruption und Nepotismus von Regierenden etwa in Irak und Libanon und den israelischen Anti-Netanjahu-Protesten? In welchem Verhältnis stehen diese israelischen Protestzyklen zu palästinensischen Kämpfen für ein Ende der Besatzung und Gleichberechtigung? In dieser Veranstaltung fragen wir nach Merkmalen und Perspektiven sozialer Bewegungen in Israel/Palästina.
Referent:innen: Dr. Muriel Asseburg, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Berlin / Dr. Tsafrir Cohen, Leiter Büro Großbritannien und Irland, Rosa-Luxemburg-Stiftung Moderation: Dr. Achim Rohde, Academy in Exile, Freie Universität Berlin
17.06.2021 Aktuelle Proteste: Irak und Libanon
Irak und Libanon zählen zusammen mit Syrien zu den ethnisch und religiös diversesten Gesellschaften des Nahen und Mittleren Ostens. Diese demographischen Gegebenheiten boten seit Entstehung dieser Länder als moderne Nationalstaaten immer wieder Anlass für Konflikte. Doch inwiefern folgen die aktuellen Protestbewegungen in Irak und Libanon ethnisch-konfessionellen Narrativen? Ist es gerechtfertigt, sie als Teil eines neuen regionalen Protestzyklus zu verstehen? In welchem Zusammenhang stehen sie mit den Aufständen des Arabischen Frühlings von 2011? Diese Veranstaltung fragt nach Merkmalen und Perspektiven sozialer Bewegungen in Irak und Libanon.
Referent:innen: Anna Fleischer, Büro Beirut, Heinrich-Böll-Stiftung / Dr. Achim Rohde, Academy in Exile, Freie Universität Berlin Moderation: Dr. Jan Wilkens, Institut für Politikwissenschaft, Universität Hamburg
24.06.2021 Aktuelle Proteste: Algerien und Sudan
Im Frühjahr 2019 führten Massenproteste in Verbindung mit dem Eingreifen des Militärs zum Sturz zweier, jahrzehntelang herrschender Präsidenten in Nordafrika: Omar al-Bashir in Sudan und Abdelaziz Bouteflika in Algerien. Welche Motive hatten und haben die Demonstrant:innen in Algerien und Sudan? Welche Rolle spielt das jeweilige Militär? Sind die Entwicklungen seit 2019 als eine Art “Arabischer Frühling 2.0” zu werten? Und welche Bedeutung haben regionale und internationale Akteure in den politischen Transformationsprozessen?
Referent:innen: Prof. Dr. Rachid Ouaissa, Zentrum für Nah- und Mittelost-Studien, Philipps-Universität Marburg / Philipp C. Jahn (Friedrich-Ebert Stiftung), Berlin Moderation: Dr. Maria Josua, GIGA Institut für Nahost-Studien, Hamburg
01.07.2021 EU-Politik zu Nahost und Nordafrika: Lehren aus 2011 für die Zukunft?
Ab Dezember 2010 breiteten sich die Aufstände des Arabischen Frühlings ebenso plötzlich wie rasant über die gesamte Region aus, mit sehr unterschiedlichem Verlauf. Die EU vermochte keine einheitliche Politik mit Blick auf diese Entwicklungen zu formulieren. Was waren die Ursachen für diese Handlungsschwäche mit Blick auf einschneidende Ereignisse in einer direkten Nachbarregion? Welchen Einfluss hat die EU selbst auf die Ereignisse des Arabischen Frühlings genommen? Heute gilt der arabische Frühling allgemein als gescheitert. Doch 10 Jahre sind für die Beurteilung von Erfolg oder Misserfolg politischer Umwälzungen ein sehr kurzer Zeitraum. Welche Lehren können aus den Entwicklungen seit 2011 gezogen werden? Sollte die Europäische Union heute ihre Rolle in Nah- und Mittelost überdenken?
Referent:innen: Niels Annen, Staatsminister im Auswärtigen Amt, MdB, SPD / Dr. Franziska Brantner, MdB, Obfrau im Ausschuss für die Angelegenheiten der EU, Bündnis 90/Die Grünen / Prof. Dr. Eckart Woertz, Direktor GIGA Institut für Nahost-Studien/Universität Hamburg Moderation: Friederike Wirtz, Heinrich-Böll-Stiftung, Hamburg
General coordination: Friederike Wirtz, Heinrich-Böll-Stiftung e.V. Dr. André Bank, GIGA Prof. Dr. Eckart Woertz, GIGA and Universität Hamburg Dr. Achim Rohde, Academy in Exile, Freie Universität Berlin
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