GIGA Focus Afrika
Nummer 11 | 2008 | ISSN: 1862-3603
Mitte September 2008 waren die ruandischen Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, zum zweiten Mal nach dem Völkermord einen Teil des Parlaments zu wählen. Noch immer hält sich die internationale Gemeinschaft mit politischen Bewertungen zurück.
Analyse Die ruandischen Wahlen haben verdeutlicht, dass in Ruanda andere politische Prioritäten einer konsequenten Durchsetzung liberaldemokratischer Verfahren vorangestellt werden. Das Verfehlen einiger internationaler Standards wird von der Gebergemeinschaft, der Afrikanischen Union und der Bevölkerung offenbar verziehen, solange Erfolge in anderen Politikbereichen erzielt werden.
Die Wahlen sind friedlich und diszipliniert abgelaufen und wurden administrativ souverän organisiert. Obwohl eine hohe Mobilisierung der Bevölkerung gelungen ist, wirft die ungewöhnlich hohe offizielle Beteiligungsrate von 98,8 % Fragen nach der Glaubwürdigkeit auf.
Ruandas Parlamentswahlen können mittelfristig zur politischen Liberalisierung beitragen. Bis auf Weiteres haben sie jedoch die autoritären Herrschaftsstrukturen gefestigt. Eine parlamentarische Opposition gibt es nicht.
Die politische Entwicklung im Innern kann weiterhin nicht von der regionalen Konfliktdimension abgekoppelt werden. Die extreme Polarisierung der Beziehungen zwischen Kigali und der radikalen, bewaffneten Exilopposition erschwert die Demokratisierung des Landes.
Ruanda ist allenfalls auf dem Weg zum hybriden Regime in der Grauzone zwischen Demokratie und Entwicklungsdiktatur. Der Weg zur liberalen Demokratie ist noch weit.
Stroh, Alexander (2008), Ruanda: Keine Zeit für Demokratie? Parlamentswahlen und andere Prioritäten, GIGA Focus Afrika, 11, Hamburg: German Institute for Global and Area Studies (GIGA), http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-276933
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