GIGA Focus Asien
Nummer 4 | 2009 | ISSN: 1862-359X
China erlebte im 4. Quartal 2008 erstmals seit vielen Jahren einen dramatischen Wachstums und Beschäftigungsrückgang. Die neuesten Wirtschaftsdaten für das Jahr 2009 zeigen, dass die chinesische Wirtschaft stärker als vielfach erwartet in den Sog der internationalen Finanzmarktkrise geraten ist.
Analyse Noch im Herbst 2008 feierte die chinesische Regierung die wirtschaftlichen und sozialen Erfolge ihrer vor 30 Jahren begonnenen Wirtschaftsreform und glaubte sich auf dem sicheren Weg. Um Spekulationsblasen auf den Immobilien- und Aktienmärkten und Überhitzungstendenzen in bestimmten Industrien zu bekämpfen, waren allerdings bereits 2007 Konjunkturdämpfungsmaßnahmen notwendig geworden. Ziel war ein langsameres und ausgeglicheneres Wachstum. Dann trafen von Herbst 2008 an die ersten Erfolge der Konjunkturdämpfungspolitik mit den negativen Auswirkungen der internationalen Finanzmarktmarktkrise zusammen und verstärkten den Abwärtsschwung.
Der Einbruch bei den Exporten und der Beschäftigung als Folge der rückläufigen Nachfrage aus den USA, Europa und Japan machen deutlich, dass eine Abkoppelung der chinesischen Konjunkturentwicklung von der globalen Wirtschaftsentwicklung nicht möglich ist. China konnte aufgrund der starken außenwirtschaftlichen Integration in den letzten Dekaden von der Globalisierung profitieren, ist jedoch jetzt ebenfalls von der globalen Krise stark betroffen.
Nun setzt die chinesische Regierung ähnlich wie andere Länder auf ein ambitioniertes Krisenpaket, mit dem sie das Wirtschaftswachstum auch 2009 auf einem Niveau von rund 8% halten und die Beschäftigungslage sichern will. Zum Maßnahmenpaket gehören geld- und finanzpolitische Maßnahmen sowie die direkte staatliche Beeinflussung von Banken und Staatsunternehmen. Um Wachstum und den privaten Verbrauch anzuregen, finanziert die Regierung verstärkt Infrastrukturprojekte und den Konsum der ländlichen Verbraucher. Das deficit spending der Regierung wird wie in anderen Ländern zur Erhöhung der Staatsverschuldung führen.
Ob das staatliche Krisenpaket wie gewünscht wirken wird, hängt einerseits davon ab, ob der Ausfall der ausländischen Nachfrage durch eine stärker binnenorientierte Entwicklung aufgefangen werden kann, die die private und staatliche Nachfrage ansteigen lässt. Andererseits sieht sich China schwerwiegenden Strukturproblemen in der Wirtschaft gegenüber, die eine schnelle Krisenbewältigung in Frage stellen. Ob China aus der internationalen Finanzmarktkrise gestärkt hervorgeht, wird vor allem vom richtigen staatlichen Krisenmanagement, aber auch von der globalen Wirtschaftsentwicklung abhängen.
Schüller, Margot (2009), China in der globalen Finanzmarktkrise: Wirtschaftspolitische Strategien und Strukturprobleme, GIGA Focus Asien, 4, Hamburg: German Institute for Global and Area Studies (GIGA), http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-276735
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