Die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 18. Dezember 2005 führten zu einem
politischen Erdrutsch. Überraschenderweise gewann Evo Morales, ein Indígena und Führer der Gewerkschaft der Coca-Anbauer, und seine politische Bewegung MAS bereits im ersten Wahlgang mit der absoluten Mehrheit der Stimmen. Bei der parallel, erstmals durchgeführten Direktwahl der Departmentsregierungen sieht die Machtverteilung jedoch anders aus.
Analyse:
Diese Wahlen bedeuten für Bolivien eine tief greifende Veränderung, sollen nach der
Regierung aber erst den Auftakt zur Neugründung (refundación) des Landes darstellen.
Die traditionellen Parteien sind nahezu vollständig verschwunden, ohne dass von einer
stabilen Strukturierung eines neuen Parteiensystems gesprochen werden könnte.
Morales verfügt aufgrund seiner Direktwahl über eine politische Autorität wie kein
anderer Präsident vor ihm. Trotz einer breiten Mehrheit im Parlament hat die Regierung aber nicht die für einige Vorhaben erforderliche Zweidrittelmehrheit.
Die Wahl der Präfekten bedeutet den Einstieg in die politische Dezentralisierung.
Auf regionaler und nationaler Ebene gibt es unterschiedliche Machtverhältnisse. Dies
birgt Konfliktpotenzial.
Die Wahl der verfassunggebenden Versammlung wird zur zentralen politischen
Auseinandersetzung der nächsten Wochen und Monate werden.
Es besteht das Risiko einer politischen Radikalisierung.
Jost, Stefan (2006), Bolivien nach dem politischen Erdrutsch, GIGA Focus Lateinamerika, 2, Hamburg: German Institute for Global and Area Studies (GIGA), http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-275330
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