Spotlight on... | 25.11.2022
GIGA-Doktorandin Dastan Jasim besuchte vor kurzem das Institut Kurde in Paris, um in deren Archiv für ihre Dissertation zu recherchieren. Erfahren Sie im folgenden Interview mehr über Dastans Besuch im Archiv.
GIGA Doktorandin Dastan Jasim hat vor kurzem das Institut Kurde in Paris besucht, um in den dortigen Archiven Recherche für ihre Dissertation zu betreiben. Erfahren Sie mehr über Dastans Besuch in dem Archiv in dem folgenden Interview.
Wie hast du das Archiv kontaktiert und wie war der Besuch?
Ich habe das Archiv zunächst telefonisch kontaktiert, um mich auf einer persönlicheren Basis vorzustellen und habe dann per E-Mail meinen ersten Termin bestätigen lassen. Dabei ging es vor allem darum von dem Leiter Gerard Gautier eine erste Tour zu bekommen und in das System des Archivs eingeführt zu werden. Der Kontakt war sehr freundlich und wirklich motivierend, Herr Gautier und ich sind die ersten Stunden kaum aus dem Fachsimpeln herausgekommen. Als jemand der in erster Linie mit quantitativen Quellen arbeitet, ist es nicht nur erfrischend in einem solchen Archiv zu sein, sondern auch in einer so geschichtsträchtigen Institution. Da ich erst kürzlich in der Region Kurdistan war und dort in vielen Städten mit meiner Umfrage herumkam, interessierte Herr Gautier sich auch sehr für meine neuen Erkenntnisse.
Was ist das Besondere an dem Archiv?
Das Institut Kurde ist eine der wenigen internationalen unabhängigen und unparteiischen kurdischen Bildungsinstitutionen der Welt. Es wurde 1983 gegründet, ist als gemeinnützige Organisation anerkannt und wird mit Mitteln des französischen Staates finanziert. Dies geht zu einem großen Teil auf die Präsidentschaft von Francois Mitterand zurück, der als sehr pro-kurdisch galt. Das Institut wurde auch maßgeblich von bedeutenden Persönlichkeiten der kurdischen Politik und Kultur unterstützt und beeinflusst, die ins französische Exil fliehen mussten, wie Mehdi Zana, der Filmemacher Yilmaz Güney, aber auch aktuell wichtige Persönlichkeiten wie der irakische Außenminister Fuad Hussein. Es beherbergt tausende Werke zum Thema Kurdistan aus verschiedensten Disziplinen in kurdischer Sprache. Es ist damit sowohl ein Archiv über Kurdistan, als auch ein Archiv kurdischer Literatur über verschiedenste andere Themen. Das Archiv beherbergt beispielsweise auch antike historische Schriftquellen aus dem 19. Jahrhundert und berühmte Schriften alter Orientalisten, die sich erstmals mit dem Thema Kurdistan beschäftigten. Herr Gautier berichtete zudem über viele große Nachlässe wichtiger gesellschaftlicher und politischer Persönlichkeiten der kurdischen Gemeinschaft, die dem Institut direkt übergeben wurden und seltene historische Werke, aber auch Tagebücher und Mitschriften enthalten. Darüber hinaus verfügt das Institut über viele Zeitungsquellen in verschiedensten Sprachen aus der gesamten Region. Das Institut ist zudem dabei, viele Quellen zu digitalisieren und somit auch für Leute zugänglich zu machen, die nicht persönlich anreisen können. Das Institut veröffentlicht zudem eine Literaturübersicht, die neueste Publikationen zum Thema Kurdistan zusammenfasst und vorstellt.
Inwiefern sind die Quellen wichtig für deine Dissertation und wie wirst du sie einbauen?
Es gibt viele kleine Einzelquellen, die für mich hilfreich sein werden, vor allem weil ich mich mit politischer Kultur und damit auch mit politischer Mobilisierung in den letzten Jahrzehnten beschäftige. Gerade zeitgenössische Quellen, die über Streiks, Proteste, Gewerkschaftsorganisation, Parteiorganisation und vieles mehr berichten, sind für mich von großem Interesse. Sie werden zwar nicht im Mittelpunkt meiner Arbeit stehen, aber ich möchte sie verwenden, um meine quantitativen Ergebnisse historisch zu untermauern.