Forschung | 15.01.2015
Die Stärkung der Demokratie ist das oberste Ziel vieler westlicher Sanktionen. Doch wie selektiv der Westen demokratische Standards durch Sanktionen fördert, zeigen Christian von Soest und Michael Wahman.
Westliche Demokratien nutzen Sanktionen, um Werte wie Demokratie und Menschenrechte zu verbreiten und Verstöße gegen diese zu bestrafen. Doch nicht alle Staaten werden dabei gleich behandelt. Warum ist Venezuela Ziel amerikanischer Sanktionen, Saudi Arabien oder Katar aber bleiben verschont? In welchen Fällen entscheiden sich westliche Länder für oder gegen Sanktionen?
"How the West selectively promotes Democracy through Sanctions" haben Christian von Soest, Senior Research Fellow am GIGA, und Michael Wahman von der London School of Economics and Political Science ihren Beitrag für den internationalen Politik-Blog Monkey Cage der Washington Post betitelt.
Ihre These: Länder, in denen punktuell aber dramatisch gegen demokratische Werte verstoßen werde, seien häufiger Ziel von Sanktionen als Länder, in denen überhaupt keine oder nur sehr geringe demokratische Standards existierten. Dramatische Ereignisse wie ein Putsch verstärken in den USA und in europäischen Ländern in der Regel die Berichterstattung in den Medien und damit auch den Druck, Sanktionen zu verhängen. Auch konzentrierten sich Sanktionen häufig auf ökonomisch und politisch instabile Staaten, in denen beispielsweise Hanselssanktionen sehr viel schneller wirkten - und zu denen der Westen keine engen Wirtschaftsbeziehungen pflegt, das heißt in Fällen, in denen die Kosten für die Sanktionierer niedrig sind. Die Beispiele Saudi Arabien, Ägypten und Katar zeigten: Autoritäre Staaten mit guten (ökonomischen) Bindungen zum Westen werden selten für die Verletzung demokratischer Normen bestraft.
Je enger also die wirtschaftlichen Beziehungen mit dem Westen sind und je pro-westlicher die Außenpolitik ist, desto weniger muss ein autoritär regiertes Land Sanktionen befürchten, schreiben von Soest und Wahman in ihrem Blogeintrag.
Ihre Thesen basieren auf einer Studie, die sie kürzlich im Journal of Peace Research unter dem Titel "Not all dictators are equal" (Januar 2015, vol. 52, no. 1, 17-31) veröffentlicht haben. Darin haben sie alle Sanktionen ausgewertet, die die EU und die USA in den Jahren 1990 bis 2010 mit dem Ziel verhängt haben, Verstöße gegen demokratische Normen zu ahnden.
Der Artikel ist aus dem vonn der Fritz Thyssen Stiftung geförderten GIGA-Forschungsprojekt "Ineffective Sanctions? External Sanctions and the Persistence of Autocratic Regimes" hervorgegangen. In dem Projekt untersucht ein Team von internationalen WissenschaftlerInnen die Wirkung von Sanktionen. Erste Ergebnisse ihrer Arbeit zeigen, dass der Westen zwar eine wichtige Rolle in der Verbreitung von Demokratie spielt - Beispiele sind hier die Demokratisierung der post-sowjetischen Staaten und einiger afrikanischer Staaten in den 1990er Jahren oder die Erfolge durch den Einsatz von Wahlbeobachtung.
Doch besonders konsequent sind EU und USA dabei nicht. Denn das Engagement des Westens scheint zu häufig auf die Länder beschränkt, in denen keine außenpolitischen und ökonomischen Nachteile für den Westen durch Sanktionen entstehen - oder die unter besonderer medialer und öffentlicher Beobachtung stehen.